„Pünktchen trifft Anton“ in Berlin

Berlin (dpa) - Sie sehen in ihm den legitimen Nachfolger von Erich Kästner. Deshalb haben die Erben des Schriftstellers dem „Linie 1“-Erfinder Volker Ludwig erlaubt, den Kästner-Roman „Pünktchen und Anton“ erstmals ganz neu und modern für das Theater nachzuerzählen.

Die Uraufführung von „Pünktchen trifft Anton“ war am Samstag im Berliner Grips Theater - mit begeistert johlenden Kindern im Publikum, die große Freude an der mit Tempo, Witz und rockigen Songs erzählten Geschichte hatten.

„Pünktchen trifft Anton“, Reich trifft Arm. Darum geht es in der Story, die Kästner (1899-1974) im Jahr 1931 als einen der ersten realistischen Großstadt-Romane für Kinder veröffentlichte. Damals wie heute, ob zu Zeiten von Weltwirtschaftskrise in der späten Weimarer Republik oder der aktuellen europäischen Schuldenkrise - auf der Berliner Friedrichstraße lassen sich die Unterschiede zwischen den wohlhabenden und den bedürftigen Menschen ganz genau beobachten.

Dort trifft das „wohlstandsverwahrloste“ Mädchen Pünktchen, das eigentlich Luise Pogge heißt und in einer Villa im Grunewald lebt, auch zum ersten Mal Anton. Als Flaschensammler verdient sich der aus Weißrussland stammende, illegal in Deutschland lebende Junge ein bisschen Geld. Mit Pünktchen (Jennifer Breitrück) und Anton (Florian Rummel) prallen mitten in Berlin zwei Welten aufeinander.

Autor Ludwig bleibt nah am Kästner-Original, bringt mit Alltagssprache, frechen Lieder-Texten (Musik: Wolfgang Böhmer) und einer ordentlichen Portion Globalisierungskritik aber einen ganz neuen Ton in die Geschichte. Mutter Pogge (Katja Hiller) ist eine herrlich zickige Charitylady, die nie Zeit für ihre Tochter Pünktchen hat. Aus dem Spazierstockfabrikanten Pogge wird bei Ludwig ein nervöser Immobilienmakler (René Schubert). Die Kästner'sche Kinderfrau Fräulein Andacht, die auf einen kriminellen Verehrer hereinfällt, ist in der Neuversion ein amerikanisches Au-pair-Mädchen (Alessa Kordeck). Nur der Dackel Piefke fehlt.

Natürlich spielen Ludwig und sein Regisseur Frank Panhans mit Klischees, für Zwischentöne ist in der mit plakativen Gegensätzen arbeitenden Geschichte nicht viel Platz. Anders als bei Kästner gibt es aber passenderweise bei „Pünktchen trifft Anton“ kein Happy End. Anton hat Menschen gefunden, die sich für sein Schicksal interessieren - ob ihm das die angedrohte Abschiebung erspart, bleibt offen.

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