Peter Stein bringt Paris mit Labiche zum Lachen

Paris (dpa) — Ferdinand und Agénor spielen Karten, wie jeden Tag. Beim Spielen reißen die beiden in die Jahre gekommenen Freunde Männerwitze und reden über Frauen. Wie viele er denn gekannt hätte, fragt Ferdinand.

Elf, bis zur zwölften hätte er es nicht geschafft, antwortet sein Freund verlegen.

Agénor kommt seit einiger Zeit nicht nur zum Kartenspielen in das Haus seines Freundes, sondern auch zum Liebesspiel mit dessen Frau Loisa. Mit der Neuinszenierung der Eifersuchtskomödie „Der Preis des Monsieur Martin“ (im Original: Le Prix Martin) von Eugène Labiche (1815-1888) hat Peter Stein am Freitagabend im Pariser Théâtre de l’Odéon das Pariser Publikum zum Lachen gebracht und dafür anhaltenden Applaus geerntet.

Peter Stein hat 1973 seine erste Labiche-Komödie aufgeführt. Damals zeigte er als künstlerischer Leiter der Berliner Schaubühne „Das Sparschwein“ in einer Übersetzung von Botho Strauß. Während Stein damals die Komödie über Freunde, die ihre gemeinsame „Kartenspielkasse“ in Paris auf den Kopf hauen, in eine Demontage der Bourgeoisie verwandelt hat, fehlt ihm diesmal etwas der Biss und auch das Tempo.

Eugène Labiche war einer der bedeutendsten Lustspieldichter Frankreichs. Er schrieb mehr als 100 Lustspiele, Possen und Vaudevilles. Labiches Stücke sind temporeich und voll von beißendem, jedoch nie verletzendem Humor. Die Dialoge sind schlagfertig und originell. Stein hat Labiche am Freitagabend entschleunigt. Er hat das Tempo reduziert und auf den satirischen Blick verzichtet.

Der 75-jährige Stein, der erstmals mit französischen Schauspielern gearbeitet hat, zeigte einen Labiche in Soft-Version. „Labiche einmal anders. Warum nicht?“, sagte eine Theaterbesucherin nach der Premiere zufrieden. Warum Stein nach vierzig Jahren wieder eine Labiche-Komödie aufgeführt hat, fragten sich viele Kritiker. Am Anfang hätte er durchaus Zweifel gehabt, denn er schätzte das Stück zunächst als zu leicht ein, gestand auch Stein in einem Interview mit der französischen Theaterzeitschrift „La Terrasse“. Doch zum Schluss habe er die Konstruktion des Stücks als genial empfunden.

Ausschlaggebend war letztendlich der Schriftsteller Gustave Flaubert. „Als ich erfahren habe, dass Flaubert ein großer Bewunderer dieses Stücks war, hatte mich das in meiner Entscheidung bestärkt“, so Stein. Zurecht, wie die Reaktion des Premiere-Publikums zeigte.

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