Verwunderung in Wuppertal: Das hat es mit diesen wuchtigen Schildern in der Elberfelder City auf sich
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Nunes' „Ring“: Keine Hoffnung auf bessere Zeiten

Hamburg (dpa) - Einen heftig mörderischen Cocktail aus Verrat und Intrige, Machtgier, Lust und Massentod, Wagner und Hebbel, etwas Musik (von Johannes Hofmann) und vielen flapsigen Wortwitzen hat Antú Romero Nunes am Hamburger Thalia-Theater gemixt.

Nunes' „Ring“: Keine Hoffnung auf bessere Zeiten
Foto: dpa

Bei der ausverkauften Premiere des zweiten und letzten Teils seines dramatischen „Ring“-Projekts „Siegfried/Götterdämmerung“ wirkte der Beifall des Publikums für die Anti-Heldensage freundlich, aber verhalten.

Nunes' „Ring“: Keine Hoffnung auf bessere Zeiten
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Bei dunkler, kahler Bühne hatte es fast vier Stunden lang zunächst einem nackten, blutbeschmierten und langhaarig-blonden Drachentöter Siegfried (Philipp Hochmair) bis zu seinem gewaltsamen Ende zugesehen. Nach der Pause ging es an den Höfen der Könige Gunther (Rafael Stachowiak) und Etzel (Thomas Niehaus) weiter mit „Kriemhilds Rache“ frei nach Friedrich Hebbels Dreiteiler-Trauerspiel „Die Nibelungen“ von 1861.

Nunes' „Ring“: Keine Hoffnung auf bessere Zeiten
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Ein Kind mit durchgeschnittener Kehle und Scharen gemetzelter Burgunder sind nur ein Ergebnis des Treibens dieser adeligen Menschen, die zwar von Zivilisation beleckt sind, aber in ihren Trieben ihren archaischen Vorfahren gleichen. Als hinterlistig-melancholischer Ober-Übeltäter Hagen von Tronje macht unter vielen intensiven schauspielerischen Leistungen Barbara Nüsse mit streng gescheiteltem Haar und in SS-artiger Uniform eine starke Figur. „Ich muss böse, böse, böse sein“, raunt dieser bleiche, hagere Hagen gleich zu Anfang, „ach, wie schön wäre es, wenn nichts übrig bliebe“. Damit wird ein Vernichtungsdrang signalisiert, der über das rationale Verfolgen eigennütziger Ziele weit hinaus geht. Am Ende gibt es bei Nunes keine Hoffnung auf eine neue Weltordnung.

Nunes' „Ring“: Keine Hoffnung auf bessere Zeiten
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Teil eins des ambitionierten „Rings“ des jungen Hausregisseurs, „Rheingold/Walküre“, hatte bereits im Oktober Premiere gefeiert — an einigen Terminen werden beide Stücke auch als Gesamtvorstellung zu erleben sein. Nunes (31), seit Dorsts „Merlin oder Das wüste Land“ zu Beginn der Saison 2011/12 ein Shooting-Star am Thalia, bedient sich divergierender, auch popkultureller Mittel, um seine komplizierte, manchmal langatmige Geschichte vom ewigen Kreislauf menschlich-unmenschlicher Brutalität zu erzählen.

So ist der Lindwurm Fafner, den der tierhaft-naive, nach Freiheit und Liebe dürstende Siegfried tötet, eine gigantische Stabpuppe, die an chinesische Tradition erinnert. Effektvoll leuchtend geistert das von Helfern in dunkler Kleidung getragene Wesen mit Menschenantlitz durch den düsteren Raum (Ausstattung: Matthias Koch).

Eher mühsam wirkt dagegen die Otto-Waalkes-Parodie des Boten Etzels als Musikant mit roter Narrenkappe, der einen wissenschaftlichen Vortrag über das Nibelungenlied hält und Kriemhild (Cathérine Seifert) Sprüche wie „Wer hat am Strand gegabelt?“ um die Ohren haut. Wie ein Mätzchen erscheint auch die Handpuppe, die das Publikum mit den Worten „Hallo Leute, ich bin’s — euer Siggi“ begrüßt.

Im Mittelpunkt von Nunes’ Inszenierung steht die Eifersuchts- und Rachebeziehung zwischen den beiden von Siegfried und Gunther begehrten und betrogenen Frauen Kriemhild und Brünnhilde (Marina Galic). Der Ring aus dem Rheingold, Symbol für Macht und Kapital der modernen Gesellschaft, den einst Alberich (Andrè Szymanski) erhalten hatte, weil er der Liebe abschwor - hier wird er zum Ehering, den Kriemhild verschlingt.

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