Karin Beier: Liebesheirat mit Hamburg

Hamburg (dpa) - Mit einem international ausgerichteten Programm will die designierte Intendantin Karin Beier das Hamburger Schauspielhaus wieder an die Spitze der deutschen Theaterbühnen führen.

„Migration, Internationalisierung des Theaters, das sind so Schlagwörter, die uns und mich geprägt haben“, sagte die 47-Jährige am Freitag bei der Vorstellung ihres ersten Spielplans für 2013/2014. Daraus habe sich zwangsläufig ihre Liaison mit Hamburg ergeben.

Beier ist die erste Frau an der Spitze in der mehr als 100-jährigen Geschichte des größten deutschen Sprechtheaters. Sie kommt vom Kölner Schauspiel, das sie gleich zweimal zum „Theater des Jahres“ (2010 und 2011) geführt hatte. Zahlreiche ihrer Inszenierungen wurden zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Das Hamburger Schauspielhaus befindet sich seit dem überhasteten Rücktritt von Intendant Friedrich Schirmer im September 2010 in einer Übergangsphase und wird zurzeit umfangreich saniert.

„Es gibt keine andere Stadt in Deutschland, wo Internationalität so prägnant ist wie Hamburg. Für mich war dann auch irgendwann klar: Ich muss in diese Stadt. Von meiner Seite aus war das eine Art Liebesheirat. Wobei ich auch weiß, dass das sofort das Bild von leidenschaftlichen Ehekrächen nach sich zieht“, sagte Beier lachend.

Als neues Logo stellte Beier ein D in einem Kreis vor, das stark an die alte Deutschland-Plakette für Autos erinnert. „Wir haben uns das "deutsch" im "Deutschen Schauspielhaus Hamburg" bewusst zurückgeholt“, sagte die designierte Intendantin. Dieses Theater sei ja von Hamburger Bürgern gebaut worden, um die deutsche Klassik zu pflegen.

„Damals war klar, was mit "deutsch" gemeint war. Aber das Deutschland von heute ist natürlich ein ganz anderes als zur Gründerzeit. Deshalb stellen wir die Frage, was ist das eigentlich, "deutsch"?“ Die Zuschauer sollte über das Logo stolpern und ins Grübeln kommen. „Die Menschen, die heute in Deutschland leben und das Land prägen, haben viele internationale Wurzeln.“

Eröffnen wird Karin Beier ihre erste Spielzeit am 15. November mit dem sieben- bis neunstündigen Antiken-Marathon „Die Rasenden“ nach „Iphigenie“, „Die Troerinnen“ und „Orestie“ von Aischylos und Euripides. „Es geht bei diesem großen Projekt um die Schnittstelle zwischen Religion und Politik. Weil wir der Meinung sind, dass momentan die Welt kaum etwas mehr spaltet als das Verhältnis zum Göttlichen“, sagte Beier. Außerdem wird sie Anfang Januar das Stück „Pfeffersäcke im Zuckerland“ inszenieren, das auf Interviews der Nachfahren einer Hamburger Kolonie in Brasilien basiert - zusammen mit einem neuen Stück von Elfriede Jelinek „Strahlende Verfolger“, das sich mit der deutschen Identität auseinandersetzt.

Fortführen wird Beier ihre Arbeit mit den Regisseuren Katie Mitchell, Karin Henkel und Christoph Marthaler. Katie Mitchell wird „Alles Weitere kennen Sie aus dem Kino“ von Martin Crimp inszenieren. Karin Henkel zeigt „Schuld und Sühne“ von Dostojewski, Christoph Marthaler inszeniert „Heimweh und Verbrechen“ nach Texten des Philosophen Karl Jaspers. Sebastian Nübling inszeniert ein neues Stück des englischen Dramatikers Simon Stephens mit dem Arbeitstitel „Carmen“.

Ans Schauspielhaus zurückkehren wird Roland Schimmelpfennig mit seinem neuen Stück „Spam“, das er selbst inszenieren wird. Freuen können sich die Hamburger auf ein Ensemble mit vielen neuen Schauspielern: Zu den bekanntesten gehören Charly Hübner („Polizeiruf 110“), Götz Schubert, Joachim Meyerhoff und Maria Schrader.

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