Kabarett: Zwei ältere Herren, die von früher erzählen

Pause & Alich alias Fritz & Hermann begeistern nörgelnd im Kom(m)ödchen.

Düsseldorf. "Herrmann, was für einen Stuss redest Du denn da? Was sollen die Leute denken?" Dies ist ein fast schon klassischer Einstieg in die rheinische Art der Diskussion, vollendet dargeboten von Fritz Litzmann, treffsicher platziert an der Stirn seines rhetorischen Gegenübers Hermann Schwaderlappen, inszeniert auf der Bühne des Kommödchens beim Auftritt des Kabarett-Duos Fritz & Hermann.

Fritz heißt normalerweise Rainer Pause und wird seiner sauertöpfischen Frage an diesem Abend noch viele ähnliche folgen lassen. Hermann heißt eigentlich Norbert Alich, wird wie auf diese erste auch auf die weiteren keine rechte Antwort finden, und die erwähnten Leute sind die 203 Zuschauer, die jeden verfügbaren Platz füllen.

In einen zu weiten Frack und einen zu engen Stresemann gekleidet, verbreiten sich die zwei Herren unter dem Titel "Durchstarten" über so ziemlich alles, was sich mit dem Thema Werteverfall in Verbindung bringen lässt. Der inhaltliche Bogen beginnt, ganz im Zeichen der Zeit, mit der Finanzkrise, spannt sich lose über 60 Jahre Bundesrepublik, den Krieg, Terrorismus und Kinder bis zur Lieblings-Zielgruppe der "Alt-68er".

Zu jedem Aspekt können sich die zwei ohne Probleme wortreich einiges erzählen, davon tatsächlich etwas wissen tun sie wenig. Sie wissen es höchstens besser. Und genauso freimütig verteilt Fritz seine "Stuss"-Kommentare an Hermanns Ausführungen. Eingebettet ins Trommelfeuer dieser herrlichen gegenseitigen Frotzeleien und der schillernden Eloquenz des Nichts-Sagens (wieder so eine rheinische Charaktereigenschaft) erleben wir auf der Bühne vor allem eines: Zwei ältere Herren, die von früher erzählen. Da war nicht nur bekanntlich alles anders, da war auch die Zukunft besser.

Fritz, irgendwo zwischen Horst Schlämmers plumper Vertraulichkeit und Herbert Knebels derbem Erkenntnisreichtum einzusortieren, und Hermann, mal lethargisch schwerfällig, dann wieder scharfzüngig aufgestachelt, erklären den Leuten in knapp zweieinhalb Stunden mal schnell die Welt, wobei man sich immer wieder an Fritz’ großartig genuscheltem "r" erfreuen kann. Sex zum Beispiel, sei im fortgeschrittenen Alter eigentlich nur noch eine weitere Möglichkeit, sich mal zwischendurch etwas hinzulegen.

Ohnehin sei es in Deutschland kein Wunder, dass man sich angesichts von Feinripp-Unterwäsche und Homo-Ehe über zu wenig Nachwuchs beklage. Und wenn es Kinder gäbe, dann seien diese durch die "Alt-68er" und ihre anti-autoritäre Erziehung verdorben. Heute müssten es die "Apo-Opas" zur gerechten Strafe selbst ausbaden, wenn ihnen ihre ungezogenen Gören in der Bahn nicht mehr den Sitzplatz räumen.

Ihren Spott gießen Pause und Alich auch gerne in Musik, beweisen dabei eine gute Hand, wenn sie ihr Loblied auf den Feinripp etwa zur Melodie von Tom Jones’ "Sexbomb" anstimmen. Und in manchem zeige der Mensch über die Jahre sogar eine gewisse Beständigkeit. Ein Phänomen wie Koma-Saufen gab es nämlich schon früher. Nur hieß es damals noch Schützenfest.

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