Interview: Angst vor neuem Kölner Loch geht um

Sven Schütte, Chef der Archäologischen Zone, wehrt sich gegen Kritik: „Es gibt eine Kampagne gegen mich.“

Köln. Neben dem neuen Opernquartier ist die Archäologische Zone mit dem Jüdischen Museum derzeit das ambitionierteste Kulturprojekt Kölns. Vom römischen Statthalterpalast, dem Praetorium, zieht sich das Areal am Rathaus vorbei bis zu den Ausgrabungen vor dem Wallraf-Richartz-Museum.

Seit 2006 wird im Platz vor dem Rathaus gegraben. Ende 2013 sollen die besten Fundstücke in einem Museumskomplex präsentiert werden.

Derzeit überwiegen allerdings die negativen Schlagzeilen. Der Förderverein des Jüdischen Museums zog sein Finanzierungsangebot von gut 20 Millionen Euro zurück. Ärger gab es auch um einen Brief, den Sven Schütte, Direktor der Archäologischen Zone, an die Staatskanzlei geschrieben hat.

Darin forderte er, dem scheidenden Direktor des Römisch-Germanischen Museums, Hansgerd Hellenkemper, nicht das Bundesverdienstkreuz zu verleihen. Er habe sich nicht um die Stadtgeschichte in Köln verdient gemacht. Die Kölner Museumsdirektoren forderten danach den Ausschluss Schüttes aus der Direktorenkonferenz. Zu dem Brief wollte sich Schütte nicht äußern.

In einem Papier der Regionale 2010 wird kritisiert, es gebe für das Projekt weder Förderanträge noch ein Ausstellungskonzept. Auch die wissenschaftliche Auswertung der Ausgrabungen wird vermisst.

Schütte: Das ist so nicht korrekt und wurde vom Kulturdezernenten, Professor Georg Quander, bereits klargestellt. Wir haben fristgerecht vier Förderanträge gestellt und warten auf die Bescheide. Ein Ausstellungskonzept gibt es selbstverständlich. Es wurde bereits dem wissenschaftlichen Beirat vorgestellt.

Während die Grabungen noch laufen, ist die Forderung nach einer wissenschaftlichen Auswertung absolut unrealistisch und unüblich. Wir planen aber Anfang 2011 ein großes Kolloquium, in dem wir der Fachöffentlichkeit die vorliegenden Ergebnisse präsentieren werden. Außerdem gibt es im Dezember noch einen Sachbericht über die bisher geleistete Arbeit mit rund 250 Seiten Umfang.

Schütte: Das sehe ich genauso. Ich versuche, die Ruhe zu bewahren und weiter eine ordentliche und sachgerechte Arbeit zu machen.

Schütte: Wir verhandeln derzeit mit wichtigen Fördermittelgebern wie Stiftungen und anderen Dritten. Da sind wir sehr aktiv, und ich bin zuversichtlich, dass wir die Finanzierung hinbekommen werden. Von den 48 Millionen Euro, die wir für das Projekt brauchen, haben wir 14,5 Millionen vom Land fest zugesagt bekommen. Zwölf Millionen Euro sind städtische Eigenmittel. Die noch fehlenden 20 bis 22 Millionen Euro hoffen wir, durch Geld vom Land, der EU und von Dritten zu bekommen.

Schütte: Beim inhaltlichen Konzept können wir nicht abspecken. Sparen können wir aber bei der Technik oder durch Synergien, die sich aus dem Zusammenschluss des Jüdischen Museums und der Archäologischen Zone ergeben. Außerdem werden wir das bei den Grabungen gefundene Baumaterial komplett für das Projekt einsetzen, auch wenn das nur kleine Summen sind.

Schütte: Im Zusammenspiel mit den bereits bestehenden Häusern bekommt Köln eine herausragende Museumsmeile, zu der es in Europa nördlich der Alpen nichts Vergleichbares gibt. Das bedeutet für Köln eine ungeheure Aufwertung. Wir wollen damit auch Leute anlocken, die sonst nicht ins Museum gehen.

Schon jetzt ist der Andrang rund um die Ausgrabungen so groß, dass wir ihn kaum bewältigen können. Bisher haben rund 360.000 Menschen die Grabungsstelle besucht, und mit rund 85.000 Besuchern im Praetorium und dem römischen Abwasserkanal sind wir das viertgrößte Museum in Köln.

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