Getrommelt und gepfiffen

Ein Film zeigt den großenErfolg des NRW-Projektes „Jedem Kind ein Instrument“.

Düsseldorf. "Ist das eine Babygitarre?", fragt die Lehrerin. Nein, eine Geige. Das Halten des Instruments fällt den Grundschülern erst ein bisschen schwer. Vor dem Bauch oder eher vor der Brust? Wie muss der Bogen über die Saiten gleiten?

Das alles lernen Grundschüler im Ruhrgebiet dank "Jeki - Jedem Kind ein Instrument". Als eines der Mädchen die Geige endlich richtig hält und ihr erste Töne entlockt, geht ein Strahlen über sein Gesicht.

Regisseur Oliver Rauch hat das außergewöhnliche Projekt über ein Jahr mit der Kamera begleitet. Sein Dokumentarfilm "Jedem Kind ein Instrument - Ein Jahr mit vier Tönen" kommt am 1. Juli in die Kinos.

Rauch begleitet seine vier Protagonisten auf ihrem Weg zur Musik. Kerem und Esragül sind türkischer Abstammung, Motomu ist Japaner, Joana Deutsche - der Migrationshintergrund spielt im Ruhrgebiet nun mal eine große Rolle. Rauch drehte seine Doku in Herne, Duisburg und Bochum.

Er begleitete die Schüler vom Kennenlernen der Instrumente im ersten Grundschuljahr über die Auswahl eines Lieblingsinstruments im zweiten Jahr, das der Schüler für drei Jahre gestellt bekommt, bis zum Ensemble-Spiel im dritten und vierten Jahr.

Die Kamera konzentriert sich gerne auf die Kindergesichter, wenn sie sich voller Ernsthaftigkeit der neuen Aufgabe widmen oder beglückt anderen lauschen. Denn auch das ist Jeki: zu lernen, Rücksicht zu nehmen und anderen zuzuhören.

Seit 2007 läuft dieses Projekt der Kunststiftung des Bundes, des Landes NRW und der Zukunftsstiftung Bildung der GLS Treuhand. Eigentlich sollte es 2010, zum Kulturhauptstadtjahr, seinen krönenden Abschluss in mehreren Konzerten finden.

Doch das Projekt ist viel zu erfolgreich, als dass man es nun beenden könnte. Und es hat sich schon auf andere Städte ausgebreitet. Einige Grundschulen in Velbert, Hilden, Mettmann, Ratingen, Monheim und Langenfeld bieten auch Jeki an. Auch in Hamburg, Hessen, Thüringen und Sachsen sind Initiativen nach Jeki-Vorbild entstanden.

NRW-Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff hat kürzlich eine Verlängerung angekündigt: ",Jedem Kind ein Instrument’ hat sich im Ruhrgebiet nicht nur bewährt. Es ist in dieser Form einzigartig in Europa. Wir wollen allen Kindern unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die Möglichkeit geben, ihre Kreativität zu entfalten." Gemeinsames Musizieren fördere schließlich Motivation und Konzentration, soziale Kompetenz und Offenheit.

Deshalb soll Jeki ab dem Schuljahr 2011/ 2012 innerhalb von zehn Jahren auf alle Grundschulen in NRW ausgedehnt werden. Dabei soll das gemeinsame Singen künftig einen größeren Raum einnehmen. Reinen Instrumentalunterricht gibt es dann erst ab dem dritten Schuljahr.

Und was sagen die jungen Musiker zu ihrem Projekt? Joana ist glücklich, wenn sie ihre Geige in der Hand hält. Motomu mit seinem Akkordeon ist stolz auf den Applaus nach dem ersten öffentlichen Konzert, und Kerem will mit seinem Bruder später eine Band gründen - "dann sind wir supergut".

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