Georg Kreisler: Er konnte viel mehr als Tauben vergiften

Der Autor, Komponist und Kabarettist Georg Kreisler ist mit 89 Jahren in Salzburg gestorben.

Düsseldorf. Schau, die Sonne ist warm, und die Lüfte sind lau, Gehn wir Tauben vergiften im Park! Die Bäume sind grün, und der Himmel ist blau, Gehn wir Tauben vergiften im Park! Wir sitzen zusamm’ in der Laube, Und ein jeder vergiftet a Taube. Der Frühling, der dringt bis ins innerste Mark Beim Tauben vergiften im Park. Wien. Der Walzer vom Tauben-Morden war sein bekanntestes Lied und eins, das Georg Kreisler selbst nicht mochte. „Es ist primitiv, nicht nur musikalisch“, sagte er vor einem knappen Jahr der Wochenzeitung Die Zeit. Er sträubte sich dagegen, in die Schublade „Kabarettist“ einsortiert zu werden, selbst wenn man noch ein „schwarzhumorig dranpappte. „Wenn man sich die Welt anschaut, gibt’s eigentlich wenig zum Lachen“, sagte Kreisler. „Wer kann denn lachen über Hunger, Entfremdung oder Armut?“ Er sah sich als Komponist und Dichter und fühlte sich als solcher jahrzehntelang verkannt. Nun ist Georg Kreisler im Alter von 89 Jahren in einem Krankenhaus in Salzburg an einer schweren Infektion gestorben.

Er schrieb mit Vorliebe gegen den Strich und war bei allem Witz begnadet in seinen Reimen, auf einer Stufe mit Wilhelm Busch und Robert Gernhardt. Zeitlebens schöpfte er aus den düsteren Themen des Alltags, aus seinem Unmut über gesellschaftliche Misstände und politische Fehlentscheidungen. So entstanden Liedsammlungen wie „Everblacks“, und „Nichtarischen Arien“ und die Opernsatire „Aufstand der Schmetterlinge“. Er war aber ebenso in der größeren Form erfolgreich. Das Musical „Heut Abend: Lola Blau“ wurde ein Renner auf deutschsprachigen Bühnen, auch „Adam Schaf hat Angst“ und die moderne Oper „Das Aquarium oder die Stimme der Vernunft“ liefen gut.

Satirisch war auch der Blick auf seine Heimatstadt Wien, wo er 1922 zur Welt kam: „Wie schön wäre Wien ohne Wiener“. Die Aversion hatte persönlich-politische Gründe: Der Sohn eines jüdischen Rechtsanwalts musste das Land auf der Flucht vor den Nazis 1938 verlassen. Bis ins hohe Alter hat sich der Künstler dagegen gewehrt, von seinem Geburtsland vereinnahmt zu werden: „Auf keinen Fall bin ich Österreicher, denn im Jahr 1945 wurden die Österreicher, die 1938 Deutsche geworden waren, automatisch wieder Österreicher, aber nur diejenigen, die die Nazizeit mitgemacht hatten. Wer unter Lebensgefahr ins Ausland geflüchtet wurde, also auch ich, bekam seine österreichische Staatsbürgerschaft nicht mehr zurück.“

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