Ein Meisterwerk der Tanzgeschichte

„La Sylphide“ begeistert als Klassiker mit grandiosen Solisten.

Essen. Elfen, Hexen und verliebte schottische Bauern: Was hat eine solch altmodische Gesellschaft heute auf einer Ballettbühne verloren? "La Sylphide" von August Bournonville, ein Märchen aus uralten Zeiten, erzählt uns das Essener Theater zur Vorweihnachtszeit.

Es war, uraufgeführt 1836 in Kopenhagen, Vorbild für "Schwanensee" und "Giselle", prägte das Ideal der schwerelosen Primaballerina auf Spitze. Erstmals trugen Tänzerinnen ein Tutu. Der ehemalige dänische Startänzer Peter Schaufuss, heute weltweit gefragter Bournonville-Kenner, flog ein, um seine Londoner Fassung von 1979 einzustudieren.

Also ein bemooster Klassiker? Keineswegs. Mit "La Sylphide" pflegt Essen das romantische Erbe und feiert ein Meisterwerk der Tanzgeschichte, das sonst nur an den internationalen Häusern mit großen Compagnien gespielt wird.

Zumal das Aalto Ballett Theater über neue Solisten verfügt, die dem Werk Zeitgeist einhauchen. Die Japanerin Miho Ogimoto brilliert als Sylphide in Essen. Sie tanzt die Elfe mit schwereloser Leichtigkeit, bezaubert mit delikaten Armgesten und schneller, präziser Beinarbeit.

Zudem ist sie kein verklärter Luftgeist mit Libellenflügeln, sondern ein hellwaches, lebensfrohes Ding. Ihren Auserwählten, Gutsherrn James, verkörpert Breno Bittencourt. Ein danseur noble, der ihr mit Charme und Vitalität den Kopf verdreht. Ihre Liebe ist aussichtslos, denn James soll am nächsten Tag Effie (Ludmilla Nikitenko) heiraten.

Die Hexe Madge (Ben Van Cauwenbergh) stürzt James und seine Elfe ins Verderben. In einem dampfenden Kessel braut sie einen Zauberschal, der James helfen soll, das Luftwesen an sich zu binden. Doch der Schal ist vergiftet und die Sylphide stirbt.

Essens Ballettdirektor Cauwenbergh, selbst früher ein gefeierter Tänzer, imponiert als dämonische Madge. Überhaupt sind es die magischen Effekte, die neben der überaus anspruchsvollen Tanztechnik, einer malerischen Ausstattung (David Walker) sowie der schottisch-folkloristisch eingefärbten Musik von Herman von Lovenskjold, interpretiert von den Essener Philharmonikern unter Noam Zur, die Faszination des Abends ausmachen.

Schade nur, dass die Elfen tanzen, als hätten sie Blei in den Spitzenschuhen. Erdenschwer hadert das Ensemble noch mit Bournonvilles Leichtigkeit. Aber daran lässt sich arbeiten. Bravi von einem dankbaren Publikum.

Denn eigentlich hatten viele Ballettfreunde das Ensemble am Aalto schon abgeschrieben, nachdem Van Cauwenbergh in jüngster Zeit mit Musical- und getanztem Chanson-Abend eine allzu populäre Richtung eingeschlagen hatte.

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