Dietmar Bär über Heimspiele auf dem Theater

Bochum (dpa) - Dietmar Bär (52) ist nicht nur Freddy Schenk. Der Schauspieler steht als Kölner „Tatort“-Kommissar vor der Kamera, aber immer wieder auch in vielen Rollen auf auf der Bühne.

Am 7. Juni spielt er im Schauspielhaus Bochum in der Premiere von Carl Sternheims „Aus dem bürgerlichen Heldenleben“ die Hauptrolle. Regie führt Intendant Anselm Weber. In Bochum absolvierte der gebürtige Dortmunder einst auch seine Schauspielausbildung. Mit der Deutschen Presse-Agentur sprach Bär in einer Probenpause über Theater und Fernsehen. Einen Vorzug will Bär keinem von beiden geben.

Seit 1997 spielen Sie den Kommissar Freddy Schenk im Kölner „Tatort“. Wie hat das Ihr Leben als Schauspieler verändert?

Bär: „Sie bekommen einen Popularitätsschub. Man kriegt auch eine andere Berufsbezeichnung. Die anderen sind Schauspieler, und man selbst ist "Tatort-Kommissar". Als ob man dann kein Schauspieler mehr wäre.“

Warum entscheiden Sie sich, neben dem Fernsehen auch im Theater aufzutreten?

Bär: „Ich hab' bis 2007 fast gar kein Theater mehr gespielt, nur Fernsehen und Film. Dann kamen gute Weggefährten von früher und haben gefragt, ob ich wieder Theater spielen wollte. Zuerst hatte ich wie einen Reflex das Gefühl: Das kann ich nicht mehr, um Gottes Willen! Ich hatte dann Gott sei Dank, wie eine Therapie, "Der Zerbrochne Krug" von Kleist ...“

Das war die Rolle des Dorfrichters Adam bei den Gandersheimer Domfestspielen 2007.

Bär: „Das war für mich eine neue Erfahrung, vor 1000 Zuschauern draußen zu spielen. Das hat mir gezeigt, dass ich das noch kann. Als Anselm Weber mich vor drei Jahren beim Neustart in Bochum gefragt hat, ob ich Lust habe mitzuarbeiten, da hab ich gesagt: "Ja!" Das ist für mich ein Glücksfall.“

Was ist das Besondere am Schauspielen?

Bär: „Theaterspielen, das ist für mich Basement. Sie werden beweglich, sowohl gedanklich als auch körperlich. Theater ist einfach eine andere physische Voraussetzung als Film. Der Live-Effekt: Sie müssen an das Publikum ran, Sie müssen funktionieren. Das Publikum ist ein Organismus. Und der ist jeden Abend anders. Jeder Abend in Bochum ist ein Ereignis, ein Fest. Für mich sind das Heimspiele. Das ist meine Stadt, das ist meine Region, ich gehör' hierher. Hier hab ich einen der wichtigsten Abschnitte meines Lebens verbracht. Wenn Intendanten Schauspieler, die vom Fernsehen her bekannt sind, engagieren, steckt natürlich eine klare Absicht dahinter, die Leute ins Theater zu ziehen - und da will ich gern mithelfen.“

Was ist der Hauptunterschied zwischen Fernsehen und Theater für Sie als Schauspieler?

Bär: „Eine Kamera ist nah an Ihnen dran, da können Sie kleinste Regungen spielen. Es gibt Kollegen, die funktionieren mit der Kamera, auf der Bühne nicht. Das gibt's andersrum genauso. Im Theater stellen Sie an einem Abend einen ganz großen Bogen dar. Während Sie beim Film eine Patchwork-Arbeit machen. Wir nähen eine Decke zusammen, meistens über drei, vier Wochen - völlig unchronologisch. Wir drehen beim Film den Anfang in der Mitte, das Ende vielleicht am ersten Drehtag, weil's anders nicht geht. Theater ist ein Endprodukt, auf das man Wochen zugearbeitet hat, Filmen ist das Zusammensetzen von Teilchen. Aber das Theater ist eben die alte archaische, tausende Jahre alte Kunstform. Das hab ich im Lauf der Berufsjahre mitgekriegt, das hat nicht jeder drauf.“

Was bevorzugen Sie: Theater oder Fernsehen?

Bär: „Eine mir nicht neue Frage. Mit der immer gleichen Antwort: Es wäre falsch, einem den Vorzug zu geben. Ich kann nur sagen: Ich mag beides sehr gerne. Aber ich muss beides trennen. Wenn ich probe, möchte ich gerne dem Theater zur Verfügung stehen. Jetzt drei Tage drehen und dann wiederkommen, das ist nicht meine Welt. Ich kann aber, wenn ich Dreharbeiten in Köln habe, hier Vorstellungen spielen. Das ist abrufbar und möglich.“

Ist Freddy Schenk eine befriedigende Fernsehrolle, oder werden Sie im Fernsehen künstlerisch unterfordert?

Bär: „Ich fühle mich nicht unterfordert. Ich sehe eher die Gefahr, dass man bei einer Figur in einer Fernsehreihe bequem werden könnte, dass was einrostet, aber ich fühl' mich nie unterfordert. Ein Drehbuch ist natürlich kein Brecht-Stück oder kein Sternheim. Das hat literarisch ein anderes Format. Der Umgang mit solchen Sprachen bereichert einen total.“

Bringt Ihnen das Einstudieren einer Theaterrolle auch was für Ihre Fernsehpraxis?

Bär: „Ich glaube, dass man da was mitnimmt.“

Und umgekehrt?

Bär: „Eigentlich nicht.“

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