„Die Letzten“ am Ende der Ära Beier in Köln

Köln (dpa) - Maxim Gorkis „Die Letzten“ ist die jüngste und zugleich letzte Premiere der Intendanz von Karin Beier in Köln. Die 48-Jährige geht im Triumph.

Es ist der Theaterfrau gelungen, das Schauspiel nach quälend langen Jahren künstlerischer Mittelmäßigkeit wieder in eine Bühne erster Klasse im deutschen Sprachraum zu verwandeln. Sie hat nicht nur selbst dazu inspirierende Inszenierungen beigetragen, sondern auch eine glückliche Hand bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter bewiesen.

Beiers Ensemble meisterte komplexe Anforderungen des zeitgenössischen Theaters mit Spielfreude, Könnerschaft und Humor. Die Uraufführungen von Stücken der österreichischen Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek hatten eine weit über die Landesgrenzen hinaus reichende Strahlkraft. Sie prägten einen Spielplan, den - von Frauen immer wieder an entscheidenden Stellen gestaltet - ein deutlich feministischer Aspekt grundierte.

Beiers Intendanz, die seit der Spielzeit 2007/08 dauerte, erregte Aufmerksamkeit. Da Köln diese Leistung in ihren Augen nicht angemessen honorierte, nahm sie einen Ruf nach Hamburg an, wo sie in der nächsten Spielzeit mit vielen ihrer Weggefährtinnen die Arbeit im Deutschen Schauspielhaus aufnehmen wird.

„Die Letzten“ ist ein selten gespielter Vierakter des russischen Schriftstellers Maxim Gorki (1868—1936). Der Autor war leidenschaftlicher Kommunist und betrachtete Kunst als Waffe im Klassenkampf.

Das Stück zeichnet den Zerfall einer adligen Familie in der Provinz des zaristischen Russlands nach, wenige Jahre vor der Oktoberrevolution. Vater Iwan ist Polizeichef, korrupt, grausam und gewissenlos. Seine Frau schwach und untreu, sein Bruder leidend, er stirbt am Ende. Die Kinder machen wenig Hoffnung auf eine bessere Zukunft, Alexander zum Beispiel bettelt seine Mutter und den vermögenden Onkel immer wieder an, um mit Kumpanen bei Gelagen das Geld aus dem Fenster zu werfen. Als Pjotr den Vater wegen dessen Untaten zur Rede stellen will, gerät der autoritäre alte Herr außer sich: Noch nie hat jemand gewagt, von ihm Rechenschaft zu fordern!

Regisseur Sebastian Nübling lässt die Schauspieler mit Rollschuhen auftreten, was befremdlich erscheint. Die Kostüme (Amit Epstein) wirken wie das Bühnenbild von Muriel Gerstner fantastisch zeitenthoben, nur auf eine Leinwand werden Bilder aus der Zeit vor der Oktoberrevolution projiziert. Das Ensemble steht zu häufig unter Dampf, spielt zu laut, zu hektisch, so dass die kein Blatt vor den Mund nehmende, atemberaubend heutige Übersetzung von Werner Buhss nicht zur vollen Entfaltung kommen kann. Auch das Humorige des Stücks schafft es zu selten über die Rampe, es wird während der Premiere im Expo 1, einer Ausweichspielstätte des Kölner Schauspiels während der Renovierung des Haupthauses, zu selten gelacht.

Trotz der anfechtbaren Umsetzung spendete das Publikum lebhaften Applaus. Dennoch: Eine triftigere Inszenierung wäre für den Schluss der Ära Beier in Köln wünschenswert gewesen.

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