Die Kehrwoche der Revolution

Joachim Schlömer kapituliert vor dem Stück „Der Auftrag“.

Düsseldorf. Bis zur Wende hatte Heiner Müllers Geschichtspessimismus, der lakonisch den blutigen Widersprüchen der Aufklärung nachspürte, Hochkonjunktur. Nach seinem Tod 1995 ist sein Ruhm verblasst. Sein 80. Geburtstag im Januar bot die Chance für eine Neuinspektion. Das Düsseldorfer Schauspielhaus zeigt das 1979 entstandene Stück "Der Auftrag". Es schildert den Versuch der drei französischen Republikaner Sasportas, Galloudec und Debuisson, im Auftrag von Antoine um 1800 die Revolution nach Jamaika zu tragen.

Antoine (Michael Abendroth) genießt Rotwein und Trippelfrauchen (Viola Pobitschka), während ihn ein Brief vom Tod der Revoluzzer Galloudec und Sasportas unterrichtet. Die wurden nach Jamaika geschickt, um einen Sklavenaufstand anzuzetteln. Die politische Taktik erzwingt das Maskenspiel. Sasportas (Milian Zerzawy) und Galloudec (Michele Cuciuffo) führen eine lächerliche Scharade über Danton und Robespierre auf. Debuisson (Michael Abendroth) dagegen spielt, was er ist: den Sohn eines Sklavenhalters.

Joachim Schlömers Inszenierung findet weder für das Revolutionstheater, noch für den Umschlag des Protests in einen Aufstand sinnfällige Bilder. Sie spult den Text als trockenes Revolutionsspiel herunter. Markus Danzeisen blickt als Engel der Verzweiflung in den Himmel; die Erste Liebe und Sasportas halten auf einem Lautsprecher hockend über Debuisson Gericht. Doch anstatt Bildmetaphern brauchen Müllers Stücke den visuellen Kommentar. Am Ende nimmt Napoleon den Revolutionsauftrag zurück, Debuisson steigt in den Bühnenboden. Der Intellektuelle hat vor der Revolution kapituliert, so wie leider auch der Regisseur vor dem Stück. 80 Minuten, keine Pause, Auff.: 12. Juni, 19.30 Uhr, Kleines Haus, Tel. 0211/36 99 11.

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