„Danke, Dieter“ - bewegender Abschied von Hildebrandt

München (dpa) - Als der Trauerzug mit dem Sarg von Dieter Hildebrandt von der Aussegnungshalle zum Grab auf dem Neuen Südfriedhof in München zieht, ertönt kein schwerer Trauermarsch. Die Express Brass Band spielt beschwingte Musik.

Melancholisch, ja - aber nicht schwermütig.

Freunde und Familie haben am Montag in München Abschied genommen von Deutschlands berühmtesten Kabarettisten - mit bewegenden, persönlichen Worten und mit ganz viel Humor. Das, so waren sie sich einig, wäre Hildebrandts Wunsch gewesen.

Sein Sarg ist hell und bunt bemalt mit einer Sonnenblume, einer Wolke mit dem Schriftzug „Wolke 7“ und einer Kampfansage des TSV 1860 München, dessen glühender Anhänger der Fußball-Fan Hildebrandt war: „Wir kommen wieder“. An der anderen Seite steht ein Zitat von Erich Kästner, der, wie der Publizist Roger Willemsen später sagt, Hildebrandt in dessen Anfangszeit in München anerkennend die Hand auf die Schulter legte. „Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken“ - ein Lebensmotto, das Hildebrandt auch auf seinem letzten Weg begleitet.

„Ich glaube, dass er den Gott, an den er nicht geglaubt hat, zum Lachen bringt“, sagt Pastor Friedrich Schorlemmer - und nicht nur das. Hildebrandt werde den Engeln im Himmel sicher beibringen, „dass es auf Dauer keine Haltung ist, immer nur Ja, Halleluja und Amen zu sagen“, ergänzt Münchens Oberbürgermeister Christian Ude.

Seine Haltung war es, die Hildebrandt auszeichnete - da sind sich diejenigen einig, die an diesem sonnigen, aber eiskalten Nachmittag sprechen. Neben Schorlemmer, Willemsen und Ude sind das die engen Freunde: der Karikaturist Dieter Hanitzsch, der Kabarettist Werner Schneyder, die Musiker Konstantin Wecker und Hans Well, die mit ihren Darbietungen nicht nur Abschied nehmen, sondern vor allem „Danke“ sagen wollen.

„Danke“ ist ein häufig gehörtes Wort an diesem Nachmittag. Einer der vielen Besucher der Trauerfeier hält ein Plakat in die Höhe mit Fotos des Kabarettisten, der am 20. November mit 86 Jahren starb. „Danke, Dieter“, steht darauf.

„Über der Trauer des Verlustes steht dann doch die Dankbarkeit“, sagt auch Pastor Schorlemmer. Dankbarkeit dafür, dass Hildebrandt auslüftete in der muffigen Bundesrepublik der 1960er Jahre, wie Ude sagt, dass er „seine Größe nicht nutzte, um andere klein zu machen“, wie Willemsen sagt, und dafür, dass er ein halbes Jahrhundert lang so ein guter Freund war, wie Dieter Hanitzsch sagt.

Werner Schneyder, mit dem Hildebrandt jahrelang auf der Bühne stand, lässt ihn selbst in zahlreichen Pointen zu Wort kommen, und auch wenn die meisten in der Vergangenheit von ihm sprechen, scheint niemand wirklich glauben zu können, dass er weg ist und niemals wiederkommt. Allein die Nachrufe auf ihn hätten Hildebrandt, der doch noch so viel vorhatte, allerhand Stoff gegeben. „Was für eine Nummer hätte Dieter allein aus diesen Texten gemacht?“, überlegt Willemsen. „Die Pointe sitzt bei Dieter nicht irgendwo hinter dem Busch, wo man sie nicht vermutet, sondern da, wo man selbst den Busch nicht vermutet.“

Bayern müsse ein Museum errichten für diesen großen Mann, fordert Willemsen. Ein Kabarettmuseum als letzte Ehrerbietung - und „als Kompensation für lebenslang CSU“. Denn, wie Ude sagt: „Er hat nie einen Hebel der Macht in der Hand gehabt, aber die Atmosphäre in diesem Land hat er nachhaltig verändert. Ich glaube, dass es für uns alle ein Glück war, ihn erlebt zu haben.“ Willemsen sagt: „Dass er ein Letzter war, wissen wir alle.“

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