Cornelia Albrecht: „Pinas Werk lebendig halten“

Interview: Nach dem Tod der großen Choreografin Bausch spricht deren Geschäftsführerin Cornelia Albrecht erstmals öffentlich über die Zukunft des Wuppertaler Tanztheaters.

Frau Albrecht, das Wuppertaler Tanztheater ist untrennbar mit dem Namen Pina Bausch verbunden. Wie geht es nun weiter, nachdem das Ensemble seine Prinzipalin verloren hat?

Cornelia Albrecht: Pina Bausch ist nicht zu ersetzen. Ihr Tanztheater war und ist ein lebendiger Organismus mit unendlich vielen Facetten. Das soll auch in Zukunft deutlich und erlebbar sein, wenn wir das Werk von Pina Bausch zu Hause und in aller Welt aufführen. Zum Ensemble gehören mehr als 50 Mitarbeiter - wenn wir auf Tournee sind sogar bis zu 70. Sie alle müssen jetzt erst einmal Atem holen - während das Leben natürlich weitergeht.

Albrecht: Wenn etwas wachsen und gedeihen soll, muss man ihm Zeit und Raum geben. Veränderungen vollziehen sich nicht von einem Tag auf den anderen. Das ist ein Prozess, der für jeden Einzelnen anders abläuft. Im Tanztheater muss nun jeder seinen eigenen Weg finden, mit der Trauer fertig zu werden, sich über seine eigenen Visionen klar zu werden und herauszufinden, was er möchte und was er kann. Über allem steht das gemeinsame Interesse, den Schatz, den Pina Bausch uns hinterlassen hat, auf dem bekannten kompromisslos hohen Niveau zu erhalten.

Albrecht: Es gibt ein großes Vertrauensfundament und Gastspieleinladungen und -verpflichtungen bis 2013. Es geht darum, das Werk von Pina Bausch weiter auf den Bühnen der Welt lebendig zu halten. Die Vitalität muss dabei erhalten bleiben, damit das Tanztheater nicht zu einem akademischen Museum wird.

Albrecht: Die Reaktionen waren beeindruckend. Am Tag des Todes haben die Tänzer gemeinsam entschieden, dass sie auftreten möchten - für Pina. Für mich persönlich war es eine enorme Erfahrung, wie sich die Ensemblemitglieder emotional und in gegenseitiger Unterstützung über die schwere Zeit geholfen haben. Es hätte auch auseinanderbrechen können, aber das Gegenteil ist passiert. Jeder hat jeden getröstet, gehalten und gestützt.

Albrecht: Es gibt Abteilungen mit offenen Rändern. Jeder hat seinen Schwerpunkt und bringt seine Erfahrungen ein - im Sinne von Pina Bausch. Alles funktioniert in bewährter Weise. Deshalb gibt es auch keine Veranlassung, das nun zu ändern.

Albrecht: Neben der künstlerisch-sinnlichen gibt es eine handwerkliche Qualität. Die Tänzer, die Pinas Stücke betreuen und auf die Bühne bringen, haben die Choreographien in den Körper eingeschrieben, gelernt und gelebt. Manche haben als Assistenten Stücke über Jahre begleitet und so ein unglaubliches Wissen angehäuft. Jeder hatte eine ganz andere, ganz persönliche Erinnerung und Beziehung zu Pina Bausch und kann dies nun in das Gefüge integrieren.

Albrecht: Spekulationen möchte ich nicht kommentieren. Im Moment funktioniert es gut, weil alles hochkonzentriert, strukturiert abläuft - und mit dem vollen Bewusstsein, dass ein Schritt mit Bedacht nach dem anderen gesetzt werden muss. Das Richtige ergibt sich dann zum rechten Zeitpunkt, und da bin ich sehr zuversichtlich.

Albrecht: Dazu möchte ich mich nicht äußern, sein Verhalten spricht für sich. Ich kann nur sagen, dass Pina Bausch Wuppertal immer treu geblieben ist, obwohl es Angebote aus aller Welt gegeben hat. Dies hat ja auch der Oberbürgermeister Peter Jung deutlich gewürdigt, als er die Stadt Wuppertal jüngst als ernsthafte Kandidatin für den Nachlass-Standort aufstellte. Das ist aber eine Frage, die nicht von uns, sondern von ihrem Sohn und der neu gegründeten Pina Bausch Stiftung zu beantworten ist.

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