Auf Deutsch Brutale Tragödie: „Medea“ in Stuttgart gefeiert

Stuttgart (dpa) - In einer eigens auf Deutsch für die Staatsoper Stuttgart produzierten Fassung hat der Regie-Altmeister Peter Konwitschny die Tragödie „Medea“ auf die Bühne gebracht. Antik waren in der fast durchweg mit heller Freude aufgenommenen Opernpremiere am Sonntagabend nur die Namen.

Die Handlung der Oper von Luigi Cherubini (1760-1842) um die Frau, die nach der Trennung von ihrem Mann Iason ihre beiden Söhne und die neue Geliebte aus Rache tötet, verlagert der 72-jährige Konwitschny in eine moderne, aber ranzige Küche. Mit ergreifender Emotionalität gibt Cornelia Ptassek (Sopran) ihrer Medea die durchdringende Stimme einer verzweifelten Frau, die ihrer Liebe nachtrauert - und Respekt fordert vor ihrem Unglück.

Dass Konwitschny auf das französische Original verzichtete und stattdessen lieber deutschen Klartext wählte, sollte eine größere Nähe zum Publikum schaffen. Zuschauer reagierten begeistert auf das darstellerisch starke Spiel von Medea und Iason, gesungen vom hellen Tenor Sebastian Kohlhepp.

Zwar liefert auch diese Neuinszenierung keine Antworten darauf, warum in Beziehungsdramen zuweilen viel Blut fließt - am Ende eines Gemetzels auf der Bühnen stehen unterm Strich immerhin sechs Tote. Klar wird aber Konwitschnys Botschaft, dass das Glück einer neuen Beziehung wohl kaum je auf dem Unglück von anderen entstehen kann. Medea beansprucht für sich selbst, dass ihr Hass ebenso grenzenlos ist wie ihre Liebe.

Er selbst habe Sympathien für Medea, weil sie sich zur Wehr setze gegen Verrat, Ungerechtigkeit, Lieblosigkeit, hatte der mehrfach als „Regisseur des Jahres“ ausgezeichnete Konwitschny vorab gesagt. „Es müsste eine Gesellschaft geschaffen werden, die in der Lage ist, solche großartigen Frauen zu integrieren, statt sie zu liquidieren.“ In Sicht sei eine solche Welt aber nicht, meinte der Theatermacher. Am Ende stürzt sich eine mit Messern bewaffnete Meute auf sie. In dem Gemetzel sterben auch Iason und Medeas Dienerin Neris (Helene Schneidermann).

So viel Hass, Zerstörung und Müll (Johannes Leiacker) am Ende auch auf der Bühne sind, musikalisch ist es ein blitzsauberer Abend. In den gut zwei Stunden mit teils tumultartigen Szenen lässt sich der bestens konzentrierte Alejo Pérez am Pult durch rein gar nichts aus der Ruhe bringen.

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