Einblicke in die Sexindustrie Bordell, Dominastudio, Strich - Sexarbeit kommt auf die Bühne

Nürnberg · Wie ist es, als Prostituierte zu arbeiten? Ein Theaterstück in Nürnberg gibt Einblicke in die Sexindustrie - und konfrontiert die Zuschauer mit ihren Vorurteilen.

Bordell, Dominastudio, Strich - Sexarbeit kommt auf die Bühne
Foto: dpa/Daniel Karmann

Rosa Plüsch und viel Glitzer - so stellen sich viele ein Bordell vor. Das Bühnenbild im Theaterstück „Sex Arbeit“ spielt bewusst mit diesem Klischee. „Wir wollten das Publikum mit seinen eigenen Erwartungen konfrontieren“, sagt Wenzel Winzer. Mehr als ein Jahr lang hat der Regisseur für das dokumentarische Stück recherchiert, das die verschiedenen Facetten der Sexindustrie beleuchten will. Die Uraufführung ist am Donnerstag im Nürnberger Staatstheater.

Winzer sprach mit Prostituierten, Beratungsstellen, Polizei und Staatsanwaltschaft an verschiedenen Orten in Deutschland. Er besuchte Bordelle, ein Dominastudio in Berlin und den Straßenstrich. Aus den Interviews hat der 31-Jährige Collagen zusammengestellt, die drei Schauspielerinnen in einer Szenenfolge auf die Bühne bringen. Die meisten Prostituierten in Deutschland seien Frauen, begründete Winzer die Besetzung.

Das Leben und die Arbeit von Prostituierten ist immer wieder Vorlage für Filme oder Theaterstücke. So holte Volker Lösch 2010 für „Lulu - Die Nuttenrepublik“ echte Sexarbeiterinnen auf die Berliner Schaubühne. In Mannheim zeigt das Theater Oliv ab Ende Februar die Talk-Performance „Bordellgeschichten“, in der das Publikum Fragen zum ältesten Gewerbe der Welt stellen darf. Die Theatermacher sprachen dafür mit Frauen und Männern, die ihren Körper verkaufen, mit Pfarrern, Ärzten und Sozialarbeiterinnen.

Im Vordergrund der Nürnberger Inszenierung stehen dagegen die Biografien einzelner Sexarbeiterinnen und wie diese ihre Arbeit empfinden: vom Bordell über Tantra-Massage bis zur Sexdienstleistung im Pflegeheim. „Es wird viel über die Frauen geredet“, hat Winzer während seiner Recherche festgestellt. „Sie selbst kommen aber ganz wenig zu Wort.“ Wie ist es, als Prostituierte Geld zu verdienen? Wie kommt man dazu? Wie verhalten sich die Kunden? Wie ein roter Faden ziehen sich die persönlichen Geschichten und Erfahrungen der Frauen durch das Stück.

Winzer war selbst überrascht, wie offen und herzlich viele seiner Gesprächspartnerinnen waren. Wie es den Sexarbeiterinnen gehe, hänge aber vor allem von ihrer Situation ab, sagt er. „Alle, die ich in dem Dominastudio getroffen habe, lieben ihren Job. Sie machen das gerne und mögen ihre Kunden.“ Mit den Frauen auf dem Straßenstrich kam er dagegen nur schwer ins Gespräch. Viele von ihnen wirkten elend und verwahrlost.

(dpa)
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