Ballett: Stillvergnügte Fischlein in Gefahr

Martin Schläpfers Uraufführung zu Schuberts „Forellenquintett“.

Duisburg/Düsseldorf. Gern ergab sich das Publikum den Verlockungen großer Namen. Zu Beginn der neuen Spielzeit wählte Martin Schläpfer, Ballettdirektor der Rheinoper Düsseldorf/Duisburg, Choreographien von George Balanchine und Mats Ek aus, um sein neues, wie gewohnt dreiteiliges Programm b.06 zu gestalten.

Am Donnerstagabend feierte es in Duisburg Premiere, im Mittelpunkt stand Schläpfers Uraufführung "Forellenquintett" zu dem gleichnamigen Klavierquintett von Franz Schubert.

Es wurde ein stimmungsreicher Abend, den das Stück "The four Temperaments" (Die vier Temperamente) von Balanchine (1904-1983) einleitete. Zu den teils rauen Hörbildern, die Streicher und Klavier erzeugen, breiten die Tänzer auf der Bühne die gesamte Skala menschlicher Gemütszustände aus.

Der Zuschauer schwirrt wie durch eine Seelenschau, abzulesen an temporeichen Pirouetten und lustvollen Hüftstößen, an behutsam angeordneten Körpergebilden.

Das zweite Stück des Abends ist Martin Schläpfers "Forellenquintett", für das er einen harten Einstieg wählt: Er lässt "Don’t be shy" spielen, einen punkrockigen Song, den Skandalmusiker Pete Doherty für die Band "The Libertines" geschrieben hat.

Dann folgt die stillvergnügte Partitur von Franz Schubert. Sie ist ein Genuss und schafft die Grundlage für eine buntschillernde Choreographie, welche die heitere Laune der Musik in pure Ironie übergehen lässt, in ein fe-derleichtes Vergnügen, das sich schon im nächsten Augenblick zum düsteren Kampf wendet.

Es ist der Moment, in dem das kapriziöse Fischlein auf den Trick des Anglers hereinfällt und die Kreatur, wie im wahren Leben, dem hinterhältigen Verführer erliegt.

Wer gerade noch über die virtuose Tänzerin Marlúcia do Amaral als zappelnde Forelle lacht, erstarrt in nächster Sekunde, als er ihre Todesangst erkennt. Schläpfer jedoch hat vor herrlicher Kulisse ein Märchen geschaffen, in dem Täter und Opfer sich am Ende versöhnen.

Die Erleichterung darüber wird beim dritten Programmpunkt, "Aluminium" von Mats Ek, auf eine harte Probe gestellt. Zu minimalistischen Klangfolgen ringen Männer und Frauen in eiskalter Stimmung um ihre Freiheit, und man nimmt es dem Ballettchef fast ein bisschen übel, dass er uns aus der Schubert’schen Beschwipstheit so brutal herausreißt.

Die großartigen Stücke erhalten den verdienten Applaus. Jedoch wäre an diesem Abend manch einer lieber mit Martin Schläpfer als mit Mats Ek eingeschlafen.

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