Krieger und Träumer: Wie Künstler Winnetou und Co. sehen

Hannover (dpa) - Romantik und Nervenkitzel, Kitsch und Kunst liegen in Karl Mays Welt nah beieinander. Die Romane des Schriftstellers, der 1912 im Alter von 70 Jahren starb, entführen in den Wilden Westen, den Orient und bis nach China.

Bis heute ist der Schöpfer von Winnetou und Co. umstritten. Das liegt etwa daran, dass er vorgab, die im sächsischen Radebeul erdachten Abenteuer selbst erlebt zu haben („Ich bin Old Shatterhand“). Seine Erzählungen werden von manchen Kritikern als Schundliteratur belächelt.

Die Chefin des Museums Wilhelm Busch in Hannover sieht das anders: „Karl May kann uns wirklich etwas sagen“, sagt Gisela Vetter-Liebenow. „Ihm geht es darum zu vermitteln, dass Kulturen nebeneinander existieren können - die westliche Kultur und die Indianerkultur und der Islam.“ Bis zum 13. Oktober präsentiert das Museum in der Ausstellung „Mit Karl May um die Welt - Geschichte eines Mythos in Bild und Film“, wie Künstler die Romanhelden im Laufe von knapp 130 Jahren interpretiert haben.

Die Besucher tauchen im ersten Raum zunächst in den Kosmos der legendären Verfilmungen ein. Von den Wänden blicken Pierre Brice als Winnetou und Marie Versini als Ntscho-tschi als lebensgroße „Bravo“-Starschnitte der Jahre 1963 und 1964. Die Schauspielstars werden zu Pop-Idolen und prägen bis heute unser Bild von Karl May.

Unter den rund 120 ausgestellten Original-Illustrationen sind die Buchtitel des schwedischen Malers Carl Lindeberg die bekanntesten. Er war jahrzehntelang Hauszeichner des Karl-May-Verlags und gestaltete Titelbilder der grünen Bände, die früher in kaum einer Hausbibliothek fehlten. Als 1962 das Copyright für die Romane fiel, flutete eine Welle von Winnetou-Comics mit grellen Zeichnungen auf den Markt.

Insgesamt sind Werke von 25 internationalen Künstlern zu sehen. Selbst in Auftrag gab Karl May die Titelbilder des Jugendstilkünstlers Sascha Schneider aus den Jahren 1904 bis 1907. Auf dem Titel für „Durchs Wilde Kurdistan“ bahnt sich ein nackter Mann den Weg durch Dornengestrüpp auf ein leuchtendes Kreuz zu. „Karl May wollte das Image des Trivialkünstlers abstreifen“, sagt die Museumsdirektorin zu dieser Zusammenarbeit.

Einen eher ironischen Blick auf Karl May werfen Gegenwartskünstler. In den Illustrationen von Michael Sowa beispielsweise erscheint Winnetou nicht mehr als aggressiver Krieger, sondern als verträumter, einsamer Held, der mit gesenktem Kopf durch die Prärie reitet.

Ein Großteil der Ausstellungsstücke stammt aus der Sammlung des 1913 gegründeten Karl-May-Verlags, der heute in Bamberg seinen Sitz hat. Neue illustrierte Ausgaben seien im Moment nicht geplant, sagt Verlagschef Bernhard Schmid. „Karl May ist der Autor, der am besten die Fantasie anregt.“ Da störten Zeichnungen in den Büchern eher.

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