Karl Kraus mit Hunderten von Fußnoten

Jonathan Franzen übersetzt den Satiriker — mit ein bisschen Hilfe von Freunden.

New York. Nein, der von vielen heiß ersehnte neue Roman von Bestseller-Autor Jonathan Franzen ist es immer noch nicht. Genau genommen ist es eigentlich nur eine Übersetzung. Franzen, der in Deutschland studiert hat, fließend Deutsch spricht und vor ein paar Jahren schon Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ ins Englische übertragen hat, liebt den österreichischen Satiriker Karl Kraus (1874-1936).

„Als ich Kraus das erste Mal gelesen habe, haben mich viele seiner Sätze verblüfft. Aber als ich ihn noch mal gelesen und versucht habe, herauszufinden, was er meint, wurden die Sätze plötzlich ganz klar, einer nach dem anderen, bis ich sie schließlich fast alle verstehen konnte; es war fast wie das Lernen einer Fremdsprache.“

Mit seinem neuen Buch will Franzen den in den USA so gut wie unbekannten Kraus nun auch seinen Landsleuten vorstellen. Das im englischen Original im September erschienene „The Kraus Project“ soll im Rowohlt-Verlag auch auf Deutsch erscheinen — wie und wann genau ist allerdings noch unklar.

Zwei Essays von Kraus — eins über Heinrich Heine und eins über Johann Nestroy — hat Franzen ausgesucht und übersetzt. Auf der rechten Seite des Buches findet sich stets das deutsche Original, auf der linken Franzens Übertragung ins Englische, bei der ihm auch sein Freund, Bestseller-Autor Daniel Kehlmann, und der US-Germanist Paul Reitter geholfen haben.

Dazu gibt es Fußnoten, Hunderte von Fußnoten. Und aus denen spricht dann doch ganz klar Franzen selbst und bei weitem nicht nur über Karl Kraus. Es geht um moderne Technik, von der Franzen kein Fan ist, um die Vernachlässigung korrekter Sprache, um Deutschland, Österreich und die USA. Die vielen Fußnoten, die fast ein eigenes Buch in sich sind, heben das Werk über den Status einer reinen Übersetzung weit hinaus.

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