Interview: Die Großen und die Kleinen
Der deutsche Schriftsteller Jakob Arjouni stellt in seinem Roman „Der heilige Eddy“ Gauner aller Gesellschaftsgruppen vor.
Ihre Romane spielen in Berlin und Frankfurt, an konkreten Orten, und die Leser schätzen den Kiezgeruch Ihrer Bücher. Wie wichtig ist Ihnen Milieu für die Entwicklung von Stil, Figuren, Themen?
Arjouni: Mir fallen Figuren in einem bestimmten Viertel, einem Rahmen ein, den ich kenne und versuche, so gut wie möglich zu beschreiben, wenn es der Geschichte dient. Ich habe nie nach literarischen Stoffen gesucht, ich habe die immer gefunden. Meine ersten Romane spielen im Frankfurter Bahnhofsviertel, wo ich als Teenager oft war; ich wollte Billardspieler werden, und es gab dort einen tollen Billardsalon, aber natürlich auch das Rotlichtmilieu und internationale Menschen - alles ein großer Jahrmarkt. Ich mag Menschen, und die Figuren meiner Romane sind beobachtet, auch ausgedacht, das zusammen ergibt bei ihnen vielleicht ein Milieu.
Ihre Helden wie der "heilige Eddy" haben oft einen Hang zu gewitzter Kriminalität. Wie kommen Sie auf die kleingaunerischen Ideen Ihrer Figuren?
Arjouni: Ich glaube, mich haben die Jahre zwischen 18 und 23 geprägt, in denen ich aus nichts ’ne Mark machen musste und auch nicht wirklich wusste, wie ich hätte Geld verdienen können. Ich war ungeeignet für irgendeine klassische Berufsausbildung. Natürlich kommt man da ganz schnell, wenn man keine Ausbildung hat, ins Kriminelle hinein. Ich hatte immer Respekt vor gut durchdachtem Trickdiebstahl mit Charme. Deshalb haben Eddy und ich, als ich den Roman schrieb, eine gute Zeit miteinander verbracht: er ist sehr inspiriert, ein Künstler als Musiker und als Trickbetrüger.
Arjouni: Ich beurteile Leute nicht danach, woher sie stammen. Moral kommt nicht so einfach daher, wie die meisten Leute denken. Moral ist, so wie Wahrheit, etwas, das jeden Tag in jeder Situation neu zu verhandeln ist. Ich finde z.B., Eddy ist ein hochmoralischer Typ. Da würde mancher sagen: Naja