Eklat um Lewitscharoff-Rede
Dresden (dpa) - Äußerungen der Schriftstellerin und Büchnerpreisträgerin Sibylle Lewitscharoff über künstliche Befruchtung haben für Empörung gesorgt.
Der Chefdramaturg des Staatsschauspiels Dresden, Robert Koall, warf Lewitscharoff in einem Offenen Brief gefährliche Stimmungsmache und indirekt die Verletzung der Menschenwürde vor.
Lewitscharoff, eine der wichtigsten deutschen Schriftstellerinnen, hatte am vergangenen Sonntag in Dresden laut Manuskript über Kinder, die durch künstliche Befruchtung gezeugt wurden, gesagt: „Nicht ganz echt sind sie in meinen Augen, sondern zweifelhafte Geschöpfe, halb Mensch, halb künstliches Weißnichtwas.“ Eine Stellungnahme Lewitscharoffs war auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag zunächst nicht zu erhalten.
Das Dresdner Schauspiel war Mitorganisator der Veranstaltung, auf der Lewitscharoff gesprochen hatte. „Man muss sehr viel Selbstbeherrschung aufbringen, um sich vom Sprachduktus nicht an Zeiten erinnert zu fühlen, in denen eine solche Wortwahl dazu diente, die Würde von Menschen antastbar zu machen“, schreibt Koall. Eine der meistbeachteten deutschen Schriftstellerinnen pflege öffentlich ein Menschenbild, „das Verklemmung mit Verachtung paart“. Die Kopulation zwischen Mann und Frau sei für sie der einzige akzeptable Weg zur Menschentstehung.
Lewitscharoff hatte die künstliche Befruchtung laut Manuskript als „Horror“ bezeichnet. Die „weithin geschätzten Reproduktionsmediziner“ nannte sie „Frau Doktor und Herr Doktor Frankenstein“. Mittlerweile gehe es dabei „sehr rein und fein und überaus vernünftig“ zu. „Der Vorgang selbst ist darum nichts weniger als abscheulich“, so Lewitscharoff.
„Früher habe ich mich über das drastische biblische Onanieverbot gern lustig gemacht, inzwischen erscheint es mir geradezu als weise“, sagte sie mit Blick auf die Samenspende.