Ein verarmter Lebemann ermittelt

Martin Suters neuer Roman „Allmen und die Libellen“.

Düsseldorf. Erstaunlich, dass es solche Weltenbürger immer noch gibt — Müßiggänger, die mal in der einen, mal in der anderen Metropole leben und denen ein stilvolles Auftreten und Ambiente über alles geht. Einen solchen Lebemann im leicht abgewetzten Maßanzug präsentiert der Schweizer Erfolgsautor Martin Suter. Am Dienstag erscheint sein Roman „Allmen und die Libellen“.

Johann Friedrich von Allmen ist ein Kunstprodukt von eigenen Gnaden. Seine bäuerlich klingenden Taufnamen Hans und Fritz hat er amtlich zu Johann und Friedrich veredeln lassen. Der Familienname signalisiert nicht etwa alten Adel, sondern nur, dass seine Vorfahren von den Alpen kamen — doch der Kellner seines Stammcafés murmelt ihm ein „cavaliere“ hinterher.

Die ererbten Millionen sind Allmen für all den schönen Schein längst zwischen den Fingern weggeschmolzen. Aber er denkt gar nicht daran, seinen Lebensstil zu ändern. Er hat sich zwar schon auf Diebstähle in Antiquitätengeschäften verlegt, um wenigstens zeitweise flüssig zu werden und seinem schweigsamen Faktotum Carlos ein symbolisches Haushaltsgeld zu überlassen.

Aber stets lässt er sich vom Taxi-Unternehmer in einem 1978er Fleetwood Cadillac herumfahren. Bei dem kann er anschreiben, und für den Kreditrahmen sind solche Auftritte Gold wert. Jedenfalls solange, bis ein grober Gläubiger seine 12 455 Franken sofort zurückhaben will.

Allmens letzte Hoffnung sind fünf Jugendstil-Schalen in Libellenform, die er zu Geld machen will, die ihm aber gar nicht gehören. Zu der Geschichte hat sich Martin Suter durch den echten Diebstahl von fünf Gallé-Schalen im Oktober 2004 anregen lassen. Die Ermittlungen sind bis heute nicht abgeschlossen, die Kantonspolizei schweigt.

Der 62-jährige Schweizer stand 2010 mit „Der Koch“, seinem bissigen Roman zur Finanzkrise, lange vorn auf den Bestseller-Listen. Hier öffnet er gemächlich den Blick auf eine leicht altmodisch wirkende Welt, lässt seine Figuren aber zugleich in scharfen Umrissen lebendig werden. Man folgt Allmen willig durch diesen vergnüglich-schrägen Krimi, ist nur gelegentlich befremdet über den Mangel an Substanz unter seiner gediegenen Oberfläche.

Aber vielleicht hat dem Mann ja bisher nur die richtige Aufgabe gefehlt. Die hat er am Ende als selbst berufener „Wiederbeschaffer“ gestohlener Objekte gefunden. Martin Suter will daraus eine Krimiserie machen, zwei Romane sind schon angekündigt.

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