China feiert Nobelpreis für Mo Yan als „Durchbruch“

Peking (dpa) - Mit Stolz und Freude ist in China die Vergabe des Literaturnobelpreises an den chinesischen Schriftsteller Mo Yan gefeiert worden. Regimekritische Intellektuelle äußerten sich jedoch auch distanziert über den 57-Jährigen, der einigen zu nahe am kommunistischen System steht.

Chinesische Literaturprofessoren sahen einen „historischen Durchbruch“. Bücher von Mo Yan gingen am Freitag schnell über den Ladentisch und waren bei großen Internetbuchhändlern ausverkauft. „Viele Leute kommen, um seine Bücher zu kaufen“, sagte ein Verkäufer in einer Pekinger Buchhandlung der Nachrichtenagentur dpa. „Wir haben nur noch wenige übrig.“

Mo Yan selbst gab sich bescheiden und fand lobende Worte für seinen japanischen Hauptkonkurrenten Haruki Murakami, der „auch ein sehr guter Schriftsteller und auf jeden Fall auch für den Nobelpreis qualifiziert“ sei, wie ihn Staatsmedien zitierten. „Ich denke, der Grund, warum ich den Preis gewonnen habe, ist, dass meine Arbeit verschiedene Leben mit einzigartigen Charakteristika vorstellt und auch Geschichten aus der Sicht einfacher Menschen erzählt, was Verschiedenheiten zwischen Nationen und Rassen überwindet.“

Chinas Staatsmedien wiesen darauf hin, dass frühere Verleihungen des Friedensnobelpreises an den Dalai Lama, das exilierte religiöse Oberhaupt der Tibeter, oder an den inhaftierten Bürgerrechtler Liu Xiaobo „sehr unfreundliche und selbst feindliche Botschaften“ übermittelt hätten, wie die „Global Times“ fand. „Könnte die Entscheidung auch ein Zeichen sein, dass das Nobelkomitee versucht, die Spannungen mit China abzubauen?“ Mo Yan sei ein „Schriftsteller der Mitte“, befand der Kommentator weiter. Seine Auszeichnung deute daher darauf hin, dass der Westen „nicht nur Individuen umarmt, die gegen das System sind“.

Der berühmte chinesische Künstler Ai Weiwei regierte hingegen sehr kritisch und schrieb spitze Kommentare im Kurznachrichtendienst Twitter: „Ein Schriftsteller, der sich nicht der Realität stellt, ist ein Lügner.“ Der Zeitung „Die Welt“ sagte Ai Weiwei ferner: „Ich akzeptiere das politische Verhalten von Mo Yan in der Realität nicht. Er ist möglicherweise ein guter Schriftsteller. Aber er ist kein Intellektueller, der die heutige chinesische Zeit vertreten kann.“ Weiter meinte Ai Weiwei: „Einen Nobelpreis an jemanden zu geben, der von der Realität abgehoben lebt, ist eine rückständige und unsensible Verfahrensweise. Dennoch gratuliere ich ihm dazu.“

Chinas Staatsmedien wiesen darauf hin, dass der Nobelpreis eine „große Ermutigung“ für chinesische Schriftsteller sein könne. Die Staatsagentur Xinhua hob hervor, dass der „Durchbruch“ unmittelbar vor dem Parteitag der Kommunistischen Partei erfolgt sei. Die Partei rufe zu „kulturellem Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen der chinesischen Nation“ auf. Auf dem 18. Parteikongress im November soll ein Generationswechsel in der Führung vollzogen werden. „Mit mehr chinesischen Schriftstellern wie Mo Yan kann die Welt mehr über das wahre China lernen“, fand Xinhua.

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