Ausstellung: Fotokünstler Tillmans im Düsseldorfer K21

Der Fotokünstler Wolfgang Tillmans breitet sein Werk im Düsseldorfer K21 aus.

Düsseldorf. Wolfgang Tillmans ist ein Fotokünstler, der das Leben bedenkt und die Welt erforscht — ethisch, ästhetisch, politisch. Alles hat seinen Platz in seinen Bildern — die kleine Ratte, die im Gully verschwindet, der Sternenhimmel aus dem Flugzeug, Szenen gelebten Lebens, in dem der Aschenbecher, die alten Batterien und verblühten Maiglöckchen Erinnerungen wachrufen, auch die eigenen Kinderzeichnungen.

Bekannt geworden ist Tillmans Anfang der 90er Jahre mit Zeitschriftenfotos aus der Techno- und Schwulenszene, mit zur Schau gestelltem Sex, der ein hedonistisches Lebensgefühl zu transportieren schien. „Schon damals eine Utopie“, sagt der 44-Jährige heute.

Jetzt breitet der gebürtige Remscheider sein gesamtes künstlerisches Schaffen im Düsseldorfer Ständehaus K21 aus — für den weltweit gefeierten Fotografen die erste große Ausstellung in diesem Teil Deutschlands, sagt die Direktorin der Kunstsammlung NRW, Marion Ackermann.

In den vergangenen zwei Wochen hat Tillmans „manchmal bis drei Uhr morgens“, wie die Kuratorin Isabelle Malz sagt, seine Bilder und Objekte in der Ausstellung installiert, jede Wand selbst bestückt. Riesige Formate wie die abstrakt-filigranen „Freischwimmer“ hängen neben zettelgroßen bearbeiteten Fotokopien, Gerahmtes neben Drucken, die mit Klebestreifen scheinbar flüchtig an der Wand befestigt sind.

Da sind die großformatigen Himmelsbilder von 2004, als das seltene Phänomen des Venus-transits an der Sonne vorbei eintrat — ein natürliches Phänomen, dessen Abbilder grafisch, fast abstrakt wirkten.

Auf Schritt und Tritt warten neue Entdeckungen. Im Raum mit den Porträts fährt die Queen in einer goldenen Kutsche an einem Laden für Autotelefone vorbei, auf dem Foto daneben grinst das Model Kate Moss an einem Tisch voller Erdbeeren, ein Foto weiter trägt seine Mutter im Unterhemd eine Trockenhaube.

In seinen Tischarbeiten („Truth Study Center“) verbindet Tillmans Fotografien, Artikel, Werbeflyer zu seiner Sicht au die Welt: Blair trifft auf Bravo, das auf dem Balkon gezogene Apfelbäumchen auf Beschwörungen der Künstlichen Wirklichkeit.

Erstmals zeigt Tillmans einen ganzen Raum mit seiner „Lighter“-Reihe, die gefaltete Bögen von farbig belichtetem Fotopapier in einzelnen Plexiglasvitrinen versammelt, wo sie wie massive Objekte wirken.

Tillmans ist der Gegenpol zu Andreas Gursky. Der Düsseldorfer Fotokünstler bearbeitet seine Bilder am Computer so intensiv, dass sie irreal wirken und wie Gemälde aussehen. Das lehnt Tillmans ab, er sucht die Authentizität. „Das, was in den Medien gezeigt wird, ist alles überarbeitet“, sagt er. „Diese Linie will ich nicht überschreiten.“ Das Leben sei „so was von absurd, dass man sich das gar nicht ausdenken kann“.

Technisch geht es ihm um die Einfachheit der Mittel. Er hat immer mit einer Standardausrüstung gearbeitet — eine handelsübliche Kleinbildkamera mit fester 50-Millimeter-Linse. Vor drei Jahren hat er sich doch eine digitale Spiegelreflexkamera zugelegt, nutzt sie aber sozusagen analog, weil er die Aufnahmen nicht bearbeitet, sondern die Bildpunkte eins zu eins in den Druck übersetzt. Sogar Handyfotos macht er mittlerweile, aber nur für „tagebuchartige Aufzeichnungen“.

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