Art Düsseldorf Wie stark ist die hiesige Kunst auf der Art Düsseldorf vertreten?

Düsseldorf · Ein Rundgang auf der Suche nach Galerien und Künstlern aus der Rheinmetropole auf dem Areal Böhler.

 Ralf Brögs „Melancholia“-Boxen fungieren als Skulpturen, aber auch als Kaffeetische.                                

Ralf Brögs „Melancholia“-Boxen fungieren als Skulpturen, aber auch als Kaffeetische.                                

Foto: Thomas Frank

Am Donnerstag hat die Art Düsseldorf auf dem Areal Böhler eröffnet. Bei der dritten Ausgabe der Kunstmesse präsentieren sich rund 100 Galerien aus Europa, Asien, den USA und Mittelamerika. Wie stark ist der Düsseldorfer Kunstbetrieb auf der Kunst-Messe vertreten?

Insgesamt 13 Düsseldorfer Galerien bieten Werke auf den Messe-Kojen an: Beck & Eggeling International Fine Art, Cosar HM, Lucas Hirsch, Kadel Willborn, Linn Lühn, Markus Lüttgen, Galerie Hans Mayer, Galerie Max Mayer (der Sohn des renommierten Kunsthändlers), Petra Rinck Galerie, Schönewald Fine Arts, Setareh, Sies + Höke und Van Horn.

Die Galerie Petra Rinck zeigt Ralf Brög. Der Bildhauer und Maler studierte an der Düsseldorfer Kunstakademie und lebt auch in der Stadt. Er hat die U-Bahn-Station „Heinrich-Heine-Allee“ an der Wehrhahn-Linie künstlerisch gestaltet. Auf der Messe trifft man auf seine sogenannten „Melancholie-Boxen“: Polyeder aus schwarz gebeiztem Eichenfurnier, aus Rüster-Maser (Rot-Ulme) oder aus transparentem Plexiglas mit poliertem Granit drin. Die Flächen der Holz-Objekte können über Federn auf- und zugeklappt werden. Die Werke bewegen sich zwischen Skulptur un Design, schon der Titel „Coffeetable Melancholia“ leitet zum Gebrauch an. Ralf Brög nutzt für seine „Melancholia“-Serie immer ein Rechteck, das er an zwei Enden abschneidet. Inspiriert hat ihn der Kupferstich „Melencolia I“ von Albrecht Dürer. Neben Brög finden sich die leuchtenden Gemälde von Jörn Stoya. Rote, grüne, gelbe, rosa oder blaue Stelen formen sich zu schwebenden, flimmernden Formationen, die an Lichtererscheinungen oder architektonische Gebilde wie Stonehenge erinnern. Auch Stoya studierte an der hiesigen Kunstakademie und lebt in Düsseldorf. Der Kunstbetrieb scheint ihn momentan zu „entdecken“, zuletzt zeigte ihn das Museum Morsbroich in Leverkusen.

Ebenfalls gefragt ist der Animationskünstler Manuel Graf, der sich an der Kunstakademie ausbilden ließ, in der Stadt lebt und von der Galerie Van Horn vertreten wird. Auf der Messe hat über einen Vintage-Sessel einen Flachbildschirm montiert, auf dem eine Luftblase hinauf- und hinabsinkt, sich permanent verformt und mit dem Stuhl zu vermischen scheint. Graf lässt virtuelle auf echte Welten ineinanderfließen – das fasziniert und irritiert zugleich.

Auch ein etablierter Name im Kunstbetrieb ist Andreas Schmitten, der an der Akademie am Eiskellerberg studierte und in Düsseldorf lebt. Schönewald Fine Arts zeigt seine neuesten Objekte namens „Nach innen gerichteter Blick 2019“: Zwei Schränke aus Plexiglas und Edelstahl, in denen jeweils 35 schwarze Kästen drapiert sind, teils mit weißen Tüchern darüber. Betten? Särge? Schmuckkisten? Schmitten spielt mit der glänzenden, cleanen Inszenierung von Accessoires in Schaufenstern von Modehäusern oder Juwelieren. Ein Vitrinen-Objekt kostet 28 000 Euro.

Die Setareh Gallery präsentiert Fratzenköpfe mit Knopfaugen, weißem Bart oder Irokesenschnitt aus glasiertem Keramik. Sie stammen von Janes Haid-Schmallenberg, der an der Kunstakadademie studiert hat. Der 1988 geborene Künstler setzt die Ästhetik des Hässlichen in Szene – zurzeit stellt er in der Setareh-Dependence an der Hohe Straße aus.

Vor vier Jahren war der Düsseldorfer Regisseur Wim Wenders als Fotograf im NRW-Forum zu erleben. Die Berliner Galerie Bastian zeigt nun seine Aufnahmen von verlassenen Szenerien in der amerikanischen Weite, etwa eine Sauerkraut-Factory in Montana. Aber auch Polaroids von Straßenszenen in New York hängen an den Wänden.

Ein Sonderlob verdient die Galeristin Lisa Kandlhofer aus Wien. Sie bringt Düsseldorfer Kunst zurück an den Rhein. Dazu gehören Malte Bruns und Julian Kohl, die an der hiesigen Kunstakademie studiert haben. Malte Bruns hatte mit seinem anatomischen Panoptikum im KIT Furore gemacht. Für die Art Düsseldorf zeigt er einen perfekt montierten Menschen, oder genauer, ein Wesen aus Schraubgelenken und Kugelköpfen.

Julian Kohl aus der Brandl-Klasse ist eigentlich Maler. Aber was er derzeit mit einem Kupferrohr angestellt hat, weist ihn als Bildhauer aus. Er hat das Rohr mit dem Hammer traktiert, in kühne Rundungen gebogen und anschließend mit goldener Farbe besprüht. So ist es eine wirbelnde Skulptur geworden, ein Blickfang für die Besucher.

Der Dritte im Bunde ist Maximilian Pruefer. Er verwertet das Zitat von Joseph Beuys: „Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet“ mithilfe von Fliegen. Er ließ Tausende von Insekten im Kasten summen und projizierte schwarze Punkten in den Kasten. Die Fliegen fütterte er mit lichtechten Pigmenten und erwärmte den Kasten durch Tageslicht. Kurzum, die Fliegen fanden das Quartier wunderbar und die schwarzen Punkte warm. Prompt hinterließen sie ihre Spuren in Gestalt von Strichen und Punkten aus Fliegenkot. Der Kot ergibt das Beuys-Zitat.

Was insgesamt auffällt: Sowohl Düsseldorfer Galerien wie Beck & Eggeling oder Setareh, als auch Galerien jenseits der NRW-Landeshauptstadt wie Heinz Holtmann (Köln) oder Dr. Dorothea van der Koelen (Mainz/Venedig) schwimmen auf der Zero-Welle: Nagel-Skulpturen, rotierende Sand-Spiralen oder Mappen-Werke von Günther Uecker, genauso wie Edelstahl-Skulpturen von Heinz Mack fallen häufig ins Auge. Die Avantgarde-Bewegung, die in Düsseldorf startete und letztes Jahr ihren 60. Geburtstag feierte, war optimistisch, spielerisch und visionär – das scheint Zero in krisen- und kriegsgeplagten Zeiten attraktiv zu machen.

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