Oberammergau : Appelle gegen Gewalt und Krieg zum Start der Passionsspiele
Oberammergau Mit zweijähriger Verzögerung feiert Oberammergau die Premiere der Passionsspiele. Die Vorlage: Die Bibel, die mit ihren Geschichten von Krieg, Flucht, Vertreibung und Armut hochaktuelle Vorlagen liefert.
Passion im Zeichen von Krise und Krieg: Mit Friedensappellen auf der Bühne und von den großen christlichen Kirchen haben am Samstag die Passionsspiele in Oberammergau begonnen.
„Man kann die Passionsspiele in diesen Tagen jedenfalls nicht einfach nur als Historienspiel sehen. Viel zu sehr stehen die Passionen der Menschen heute direkt vor Augen“, sagte der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm im Eröffnungsgottesdienst vor der Premiere und verwies auf Krisen- und Kriegsgebiete wie die Ukraine oder den Jemen.
Wegen Corona verschoben
Nach zwölf Jahren ist Oberammergau nun wieder Schauplatz der Passion, die auf ein Pestgelübde aus dem Jahr 1633 zurückgeht. Alle zehn Jahre führen die Bewohner „das Spiel vom Leiden, Sterben und Auferstehen unseres Herrn Jesus Christus“ auf, wegen der Pandemie wurde die eigentlich für 2020 angesetzte Passion jedoch auf 2022 verschoben.
„Gewalt hat nicht das letzte Wort, Macht hat nicht das letzte Wort“, sagte der katholische Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx. Die Leidensgeschichte Jesu beinhalte eine faszinierende Botschaft der Überwindung der Gewalt, der Heilung der Welt, der Hoffnung für die Menschen. Bedford-Strohm betonte, Gewalt sei immer eine Niederlage und Waffen könnten nie Frieden schaffen. Zugleich könne man aber nicht zusehen, wenn Menschen der brutalen Gewalt eines Aggressors schutzlos ausgeliefert seien und am Ende nur das Recht des Stärkeren stehe.
Jesus gegen Gewalt
Gegen Gewalt und für den Frieden und die Armen setzt sich auch die Figur des Jesus ein, den Frederik Mayet streitbar und wütend, bisweilen auch verzweifelt spielt. Eine Idee von Spielleiter Christian Stückl, der die Passion zum vierten Mal inszeniert. „Der Christian hat das Gefühl, die heutige Zeit braucht einen Jesus, der lauter ist, der die Botschaft in die Welt schreit. Der muss kämpferischer sein. Da haben wir schon sehr dran gearbeitet, dass der Jesus eine andere Präsenz hat und eine andere Wut“, sagte Mayet.