Inszenierung ersetzt gute Politik nicht

Nicolas Sarkozy will den G8-Gipfel als große Bühne nutzen.

Wären die Hintergründe nicht so traurig, beschämend und vielleicht sogar kriminell, dann taugte sogar zur komischen Satire, was sich dieser Tage in Frankreich abspielt. Es ist ohnegleichen in der westlichen Welt und für Deutschland schlicht unvorstellbar. Der Herausforderer muss sich wegen versuchter Vergewaltigung verantworten, während der Amtsinhaber mit einer sehr späten Vaterschaft hausieren zu gehen scheint.

Was geschähe wohl, wenn ein Bundeskanzlerkandidat seine Familienplanung zumindest scheinbar darauf ausrichtete, dass er im Wahlkampf ein süßes Baby im Arm schaukeln kann? Könnte so einer die Wahl gewinnen? Fielen die Deutschen auf so viel Inszenierung herein? Dass die Wähler in Frankreich für derlei instrumentalisiertes Familienglück empfänglich sind, scheint Präsident Nicolas Sarkozy felsenfest zu glauben.

Dass ihm Dominique Strauss-Kahn womöglich auf so skandalöse Art in die Karten spielte, lässt den Präsidenten nun zu Hochform auflaufen. Für den G8-Gipfel ab morgen in Deauville laufen Vorbereitungen, die Sarkozy mit Glanz und Gloria in die Herzen der Franzosen katapultieren soll. Aber es könnte sein, dass Sarkozy trotz all der Inszenierung, mit Prunk, Protz, Bruni und Baby, trotz der ungewollten Wahlkampfhilfe Strauss-Kahns den Elysée-Palast im nächsten Jahr schon wieder verlassen muss.

Denn so leicht, wie er zu glauben scheint, lassen sich seine Landsleute offenbar nicht manipulieren. Schon wähnen Politikwissenschaftler den möglichen Ersatzkandidaten der Sozialisten, Francois Hollande, im Rennen mit Sarkozy auf der Überholspur. Grund: Die Franzosen haben ein Herz für den vermeintlich Chancenlosen. Das mag sein. Sicher ist, dass Franzosen ein ausgeprägtes Nationalgefühl haben und ihre Grande Nation nicht dem Boulevard überlassen werden.

Also wird Sarkozy kaum umhin kommen, bis April nächsten Jahres nicht nur als Vater, sondern auch als Politiker zu überzeugen. Sonst könnte es in Frankreich geben, was es seit 1995 nicht mehr gab — einen sozialistischen Präsidenten. Das muss hierzulande niemanden beunruhigen. Der letzte Sozialist im Elysée hieß Francois Mitterrand. Europa und der Beziehung Frankreichs zu Deutschland hat das nicht geschadet.

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