Meinung Özils Rücktritt: Reinhard Grindel hat schwere Fehler gemacht

Reinhard Grindel kennt das politische Geschäft in Berlin. Der langjährige Hinterbänkler der CDU weiß, wie die Dinge laufen, wie Intrigen in der Politik geschmiedet werden. Und wann der Zeitpunkt gekommen ist, die Reißleine zu ziehen.

 Hat die Debatte um Mesut Özil nicht richtig eingeschätzt: DFB-Präsident Reinhard Grindel.

Hat die Debatte um Mesut Özil nicht richtig eingeschätzt: DFB-Präsident Reinhard Grindel.

Foto: Arne Dedert

Die Kommunikationsabteilung des Deutschen Fußball-Bundes hat vermutlich noch nie gravierendere Fehler gemacht als im Zuge der „Erdogan-Affäre“. Und diese Fehler hat niemand anderes als der oberste Dienstherr zu vertreten. Das ist Reinhard Grindel, Nachfolger des zurückgetretenen Wolfgang Niersbach. Die Problematik, um die es geht, hat inzwischen eine Dimension angenommen, die Grindel vermutlich erst viel zu spät erkannt hat. Wenn er sie überhaupt jemals erkannt hat.

Es geht schon lange nicht mehr um den Rücktritt eines Nationalspielers, es geht um die Integrationsdebatte in Deutschland. Mesut Özil hat zu keinem Zeitpunkt irgendwelche eigenen Fehler eingeräumt, schon gar nicht irgendwelche Schuldbekenntnisse öffentlich gemacht, stets aber darauf hingewiesen, dass er Konsequenzen ziehe aus den fortgesetzten Angriffen der Rassisten und Rechtspopulisten. Vermutlich ist die Position Mesut Özils ebenfalls populistisch, egal, wer ihm die Argumentation vorgeschrieben hat. Einer, der türkische Wurzeln hat und sich mit dem türkischen Präsidenten hat ablichten lassen, egal, aus welcher Motivation, steht eben nicht nur für sich, sondern auch für seine Landsleute. Die haben sich stets klüger geäußert, klüger verhalten und in Deutschland in anderer Art und Weise integriert als Özil.

Ein Kommentar von Christoph Fischer.

Es geht aktuell politisch allein darum, dagegenzuhalten, gegen ansteigende nationalistische und rechtspopulistische Tendenzen, es geht darum, Deutschland als offenes, tolerantes Land zu bewahren, in dem Rassismus in jedweder Form geächtet wird. Es geht also längst nicht mehr nur um das offensichtliche Fehlverhalten eines deutsch-türkischen Nationalspielers. Und derjenige, der die gesamte Debatte zu keinem Zeitpunkt realistisch einzuschätzen vermochte, ist Reinhard Grindel. Erst verurteilte er das Verhalten von Özil, dann tolerierte er es und dann machte er Özil für alles verantwortlich, für das er nicht verantwortlich zu machen ist. Auch den sportlichen Misserfolg. Die wachsweiche Erklärung des Verbandes am Nachmittag passt irgendwie, aber sie ändert nichts daran, dass die Zukunft von Reinhard Grindel offen bleibt.

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