Verbeugt und trotzdem verzockt: Krisen-PR bei Sony

.Berlin (dpa) - Es sollte ein Neuanfang werden: Drei hochrangige Sony-Manager verbeugten sich am Sonntag bei einer Pressekonferenz, um sich für die schwere Datenpanne bei den Online-Diensten PlayStation Network und Qriocity zu entschuldigen.

Mehr Sicherheit und kostenlose Spiele: So sollten die Millionen Nutzer besänftigt werden. Doch dem japanischen Konzern gelingt es nicht, die Negativ-Schlagzeilen aus der Welt zu schaffen. Jetzt musste er zugeben, dass auch in einem Spiele-Netzwerk Daten abhanden kamen. Die große Geste - verpufft. Die Kritik an der Krisenkommunikation wird immer lauter.

Bei Sony selbst spricht man von einem „unglücklichen Timing“. Erst am Montag habe sich herausgestellt, dass die Eindringlinge auch Daten bei Sony Online Entertainment (SOE) stehlen konnten: „Der Angriff war so gut getarnt, dass er bei einer ersten Untersuchung nicht entdeckt worden ist, sondern erst bei einer tiefgehenden Revision“, erklärte das Unternehmen der Nachrichtenagentur dpa. Die Plattform ist derzeit vom Netz, Nutzer müssen auf Spiele wie „Everquest“ oder „Free Realms“ verzichten.

Die Ankündigung kommt zur Unzeit. Zumindest ein Teil der Spieler ist stinksauer. „So ganz langsam sollten sich die Damen und Herren bei Sony mal Gedanken machen, wie sie die ganze Geschichte weiter den Nutzern verkaufen wollen!“, meint einer im Forum der Website ps3-talk.de. „Irgendwann laufen dem Konzern alle Kunden weg, und die lockt man dann nicht mehr mit ein paar kostenlosen Zugaben von der Konkurrenz weg.“

Da überrascht es nicht, dass sich die Politik zu Wort meldet. Millionen von Verbrauchern würden allein gelassen, kritisierte Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU): „Weder gibt es eine Hotline, an die Kunden sich wenden können, noch erfährt der Nutzer auf den Webseiten des Konzerns schnell und verständlich, wie er sich als Betroffener jetzt verhalten sollte.“ Das Ministerium habe eine Stellungnahme von Sony erbeten, bislang ohne Ergebnis.

Auch in Fachkreisen wird Kritik laut. Der IT-Sicherheitsexperte Holger Heimann findet die Informationspolitik des Unternehmens „nicht besonders vertrauenserweckend“. So habe Sony sich unterschiedlich dazu geäußert, wie die Kreditkarteninformationen gesichert waren. „Gerade bei sensiblen Daten sollte man hier aber schnell zu eindeutigen Aussagen in der Lage sein“, sagte Heimann. Auch im jüngsten Fall - dem Diebstahl bei SOE - habe Sony noch nicht mitgeteilt, ob die Kreditkartendaten verschlüsselt gewesen seien.

Vielleicht noch schädlicher fürs Image: Die angekündigten Schritte deuteten schmerzlich darauf hin, wie wenig sich Sony bislang um die IT-Sicherheit gekündigt habe: „Das, was eingeführt wird, sollte eigentlich Standard sein“, betonte Heimann, der das Unternehmen it.sec in Ulm leitet. Bis die jetzt angekündigten Schritte wirkten, könnten noch viele Monate vergehen.

Ohnehin hatte Sony bei der Krisen-PR nicht immer ein glückliches Händchen. Es fehle ein öffentlich sichtbarer Krisenmanager, meint der Krisenforscher Frank Roselieb. „Wenn man liest, was Sony von sich aus sagt, hat man das Gefühl, die schwimmen irgendwie“, so der Direktor des Instituts für Krisenforschung in Kiel.

Trotz aller Kritik an seiner Kommunikationspolitik muss der global bekannte Konzern nach Ansicht des PR-Profis Roselieb nur bedingt um seinen Ruf fürchten. „Sony hat Chancen, diese ganze Sache einigermaßen gut zu überstehen, weil sie eine unglaublich starke Marke haben.“

Wie die Millionen Sony-Nutzer reagieren, lässt sich zwar schwierig vorhersagen. Mancher scheint aber tatsächlich bereit zu sein, über den Datenverlust hinweg zu sehen - wenn die Dienste nur bald wieder laufen. „Bin ich froh, wenn dieser Hacker-Krieg endlich mal vorbei ist, wann immer das sein wird“, schreibt ein Spieler im Forum von play3.de: Dann könne man endlich wieder seinem Hobby nachgehen.

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