Datenbank mit Profildaten Trumps Internet-Propaganda löst neue Art des Wahlkampfs aus

Washington (dpa) - Die Methoden von Donald Trump im Rennen um die US-Präsidentschaft könnten 2017 auch dem Wahlkampf in Deutschland und Frankreich ihren Stempel aufdrücken.

Datenbank mit Profildaten: Trumps Internet-Propaganda löst neue Art des Wahlkampfs aus
Foto: dpa

Denn die Kampagne des am Ende siegreichen Immobilien-Unternehmers machte sich in beispiellosem Ausmaß die Online-Netzwerke zunutze. Dabei ging es nicht nur darum, Trumps Anhänger zu mobilisieren.

Neu ist vor allem, wie potenzielle Unterstützer von Trumps Rivalin Hillary Clinton gezielt mit Desinformationen überflutet wurden, um sie von der Stimmabgabe abzuhalten.

Das Wahlkampfmanagement des Republikaners sicherte sich dafür die Dienste der britischen Firma Cambridge Analytica, deren Methoden - aber auch Effizienz - umstritten sind. So ist unklar, ob sie beim Brexit-Votum im vergangenen Juni und dem Aufstieg des republikanischen Trump-Rivalen Cruz wirklich eine Rolle gespielt hat.

Trumps Kampagne stützte sich auf „Project Alamo“, eine Datenbank mit Profildaten von rund 220 Millionen Menschen in den USA. Man habe sich drei demographische Gruppen herausgepickt, in denen mit besonderer Unterstützung für Clinton gerechnet wurde, bekannte ein ranghoher Trump-Berater im Gespräch mit dem Magazin „Bloomberg Businessweek“. Das seien weiße Liberale, junge Frauen und Afroamerikaner gewesen.

Im weltgrößten Online-Netzwerk können Werbetreibende dessen Nutzer gezielt nach Merkmalen wie Geschlecht, Ort, Sprachkenntnissen, Interessen, Zugehörigkeit zu bestimmten Bevölkerungsgruppen ansprechen. Meist sind es Firmen, die diese Möglichkeiten nutzen. Trumps Wahlmanager entdeckten, wie sie mit dem System Stimmung machen konnten.

So wurden dunkelhäutigen Amerikanern bei Facebook gezielt sogenannte „Dark Posts“ gezeigt - als Werbung bezahlte Einträge, die nur sie sehen konnten. Darin wurde zum Beispiel ein Satz von Hillary Clinton aus den 90er Jahren herausgepickt, in dem sie sagte, einige Jugendliche verhielten sich wie „super predators“ - Raubtiere ohne Gewissen oder Mitgefühl.

Die damalige First Lady hatte die Äußerung nicht auf eine bestimmte Hautfarbe bezogen. Den Trump-Leuten spielte aber in die Hände, dass mit dem Begriff seinerzeit meist schwarze Jugendliche bezeichnet wurden.

Frauen wurden auf dem gleichen Wege an angebliche Affären von Bill Clinton erinnert. Und Anhängern von Hillarys demokratischem Konkurrenten Bernie Sanders wurde unter anderem die Unterstützung der Kandidatin für das Freihandelsabkommen TPP vor Augen gehalten, damit sie nicht für sie stimmen.

Dabei nahmen die Trump-Leute mit millionenschweren Ausgaben für Facebook-Werbung gezielt die noch umkämpften Bundesstaaten sowie Gegenden mit potenziell vielen Clinton-Unterstützern ins Visier. Zugleich hielt das Digital-Team Trumps die eigenen Anhänger bei Laune.

Von besonderem Wert war dabei die Möglichkeit, beim Online-Netzwerk Nutzergruppen anzusprechen, die dem Profil bereits bekannter Mitglieder ähneln. Diese „Lookalike Audiences“ findet Facebook schon ab einer Ausgangsbasis von 100 Nutzern als „Quell-Publikum“.

Die Firma Cambridge Analytica lieferte dabei ihre psychologischen Profile von Facebook-Nutzern zu. Die Informationen dafür bezieht sie unter anderem aus vermeintlichen Spaß-Umfragen beim Online-Netzwerk, wie die „New York Times“ schrieb.

Die Idee dabei ist, dass man Menschen zum Beispiel mit dem Wissen, ob sie schnell nervös werden oder Aufgaben auf die lange Bank schieben, bestimmten psychologischen Profilen zuordnen kann.

Das Online-Team des neuen US-Präsidenten war am Ende rund 100 Leute stark und agierte vom kalifornischen San Antonio aus. Durch die Hände von Brad Parscale, dem Architekten der Digital-Strategie, gingen am Ende über 50 Millionen Dollar, fast alles für Werbung bei Online-Netzwerken. Parscale, der sich vorher als unabhängiger Berater durchgeschlagen hatte, hatte dabei auch Zugang zu Trumps Twitter-Account und orchestrierte die Flut der Tweets des Kandidaten mit, die dann neben menschlichen Anhängern auch von einer Armee aus Software-Bots weiterverbreitet wurden.

Trump will diese Online-Medienstrategie auch nach dem Wahlsieg nicht aufgeben. Er werde nach dem Einzug ins Weiße Haus weiterhin direkt per Twitter kommunizieren, kündigte sein Sprecher an. Damit könnte sich Trump auch künftig kritischen Nachfragen der Medien auf Pressekonferenzen entziehen und seine Sicht der Dinge verbreiten.

„Er will die absolute Deutungshoheit für seine Politik“, sagt Evan McMullin, einer seiner gescheiterten Gegenkandidaten aus Utah und ehemaliger CIA-Agent. Trumps Politik geht damit in Richtung einer Entmachtung der klassischen Medien als Vierter Gewalt in demokratischen Grundordnungen.

Wie viel von den Methoden des Trump-Wahlkampfs kann von Parteien in Europa für ihre nationalen Kampagnen im Wahljahr 2017 angewendet werden? Die Möglichkeiten zur gezielten Nutzer-Ansprache bei Facebook gibt es hierzulande auch. In Europa gibt es aber auch scharfe Einschränkungen für die Zweit- und Drittverwertung von Nutzerdaten - während man in den USA schon allein durch Zugriff auf Behördeninformationen praktisch ungehemmt persönliche Profile einzelner Personen zusammenstellen kann.

In Deutschland konzentriert sich die Debatte bisher vor allem auf den möglichen Einsatz von „Social Bots“. Politiker von CDU und SPD lehnen diese Strategie ab. Die AfD hat ihre Absicht bekundet, sie zu nutzen.

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