Spielepreis zwischen Unterhaltung und Bildung

München (dpa) - Ballerspiele sind Kassenschlager - doch beim Deutschen Computerspielpreis haben sie keine Chance. Die Initiatoren aus Politik und Wirtschaft haben sehr genaue Vorstellungen davon, was preiswürdig ist.

„Ein Spiel muss einfallsreich, technisch und künstlerisch hochwertig sein“, sagte Kulturstaatsminister Bernd Neumann, „aber es muss zusätzlich kulturell und pädagogisch wertvoll sein.“ Genau dieses stark betonte „aber“ weckt bei vielen Branchenkennern Unmut. Kritiker bemängeln an der seit 2009 verliehenen Auszeichnung, die Jury nehme Computerspiele als Unterhaltungsmedien für Erwachsene nicht ernst und zwinge den Games einen Erziehungscharakter auf.

Bei der jüngsten Preisverleihung am Mittwoch (31.3.) räumten Spiele zum Thema Energie und Klimawandel ab. Das Abenteuer-Game „A New Beginning“, in dem es darum geht, die Welt mit erneuerbaren Energien vor der Klimakatastrophe zu retten, gewann gleich in zwei Kategorien. Es wurde sowohl zum besten deutschen Spiel als auch zum besten Jugendspiel erklärt. Die Entwickler aus Hamburg und Planegg bei München bekommen ein Preisgeld von insgesamt 125 000 Euro.

Seit Einführung des Computerspielpreises wurde immer wieder kritisiert, dass zahlreiche gute Spiele gar nicht erst in die Auswahl gelangen, wenn Gewalt darin vorkomme. Vergangenes Jahr gipfelte das in einer Blamage. Die Jury konnte sich nicht auf einen Gewinner der Kategorie „Bestes internationales Spiel“ einigen, der Favorit wurde fallengelassen. Um nicht ohne Preisträger dazustehen, wurde in letzter Sekunde ein Spiel nachnominiert.

Bei der aktuellen Ausschreibung versuchte man, das Problem zu umgehen. Der mit 385 000 Euro dotierte Deutsche Computerspielpreis wurde nur noch in sieben Kategorien ausgelobt, ausschließlich deutsche Produktionen konnten sich dafür bewerben. Internationale Spiele fanden ihren Platz unterdessen in drei Kategorien des undotierten Branchenpreises „LARA“.

„Die sollten aufhören, so rumzuhampeln“, kommentiert Michael Trier, Chefredakteur der Fachzeitschrift „GameStar“, diese Vorgehensweise. Grundsätzlich sei die Idee, Computerspiele mit einem derartigen Preis auf seriöse Füße zu stellen, gut. Die Auszeichnung sei schließlich mit dem Ziel initiiert worden, ein neues Kulturgut zu etablieren. „Computerspiele können zwar kulturell und pädagogisch wertvoll sein. Sie sind aber in erster Linie Unterhaltung“, betont Trier aber. Im kommenden Jahr sieht er die Jury in der Bredouille, dann nämlich wird das Actionspiel „Crysis 2“ auf dem Markt sein. „Das ist ein deutsches Spiel und schon jetzt ein Favorit.“ Eine Verlagerung unbequemer Kandidaten auf die internationale Schiene helfe dann nicht mehr.

Ähnlich sieht Patrik Schönfeldt vom Verband für Deutschlands Video- und Computerspieler (VDVC) die Situation. „Wenn der Preis es ernst meint, muss "Crysis 2" im kommenden Jahr nominiert werden. Mit der Aufteilung wurden die Probleme diesmal nur kaschiert.“ Das Thema Erwachsenen-Spiele sei hingegen wieder zu kurz gekommen, kritisierte Schönfeldt. Für die Zukunft sieht er nur zwei Möglichkeiten: „Entweder wird der Preis weiterentwickelt oder er verschwindet in der Bedeutungslosigkeit. Dann kann man es auch gleich sein lassen.“

Könnte man sich also darauf einigen, der Preis richte sich auf die Sparte Kinder und Jugendliche aus? Und so die Forderung eines kulturellen und pädagogischen Mehrwerts rechtfertigen? Dann gäbe es auch den Vorwurf nicht, Erwachsenen-Spiele würden nicht ernst genommen. „Nein“, ist die klare Antwort von Olaf Wolters, Geschäftsführer des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU). „Die Auszeichnung hat einen absolut umfassenden Anspruch, auch für Erwachsenen-Spiele.“ Die Jury beurteile die Spiele aufgrund verschiedenster Kriterien und könne somit den breiten Markt gut abdecken.

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