Neues Buch beleuchtet das Innenleben von Assange

London (dpa) - In einem anderen Leben hätte Julian Assange vielleicht Vorstandschef eines großen Unternehmens werden können. Seine eigenwillig-faszinierenden Züge, sein trockener Humor, seine große, analytische Intelligenz machen ihn zu etwas Besonderem.

Das das ist die Einschätzung der „Guardian“-Journalisten David Leigh und Luke Harding. Sie haben ein Buch über den Wikileaks-Gründer geschrieben, dessen erste Auszüge in der britischen Zeitung veröffentlicht werden und das am Montag in Großbritannien in den Handel kam. Der Titel: „Das Innenleben von Julian Assanges Krieg gegen die Heimlichkeit“.

Das Buch zeigt - wie auch die Arbeiten der deutschen „Spiegel“-Journalisten Holger Stark und Marcel Rosenbach - Facetten des richtigen Lebens des Julian Assange. Etwa, wie er in Frauenkleidern vor angeblichen Geheimdienstagenten flieht. „Man kann sich gar nicht vorstellen, wie lächerlich das war“, zitieren die Autoren den Wikileaks-Aktivisten James Ball. „Er ließ die Klamotten einer alten Frau für mehr als zwei Stunden an.“ Assange ist zu einer der schillerndsten Figuren der Zeitgeschichte geworden. Rebell der Krimineller? Verräter oder Vergewaltiger? Eine Antwort bleibt auch das Buch schuldig.

Als Julian Assange regelmäßig E-Mails an „Guardian“-Chefredakteur Alan Rusbridger schickte, dachte sich der Empfänger zuerst nicht viel dabei. „Wie alle Chefredakteure bekomme ich ständig Post mit unerbetenen Tipps, Briefen, Beschwerden und kruden Theorien.“ Doch er merkte schnell: „Diese Person hat etwas.“

2007 dann der Beweis: Assange lieferte dem „Guardian“ eine „irre Story“, wie Rusbridger es nennt. Der frühere kenianische Präsident Daniel Arap Moi hatte mehrere hundert Millionen Pfund auf Auslandskonten abgezweigt - und Assange hatte die Beweise. Es war der Anfang einer Zusammenarbeit, die nicht immer einfach war und mehrmals vor dem Abbruch stand, wie die „Guardian“-Leute schreiben.

Der frühere Hacker war mit der ersten „Guardian“-Veröffentlichung auf dem Weg zur Ikone der Internetgeneration. Und er war sich dessen offensichtlich bewusst. Die Buchautoren beschreiben, wie eine ganze Reihe seiner Mitstreiter sich nach und nach von ihm löste. „Herrschsüchtig“ sei er gewesen und von gefühlloser Missachtung für diejenigen, die er nicht mochte. Gelegentlich soll er auch vergessen haben, sich zu waschen.

Warum Assange, heute 39 Jahre alt, wurde wie er ist, versuchen die Autoren in seiner Kindheit und Jugend in Australien zu ergründen. Seinen biologischen Vater traf er erst im Alter von 25 Jahren. Dennoch soll Peter Shipton, der einstige Anti-Vietnamkrieg-Aktivist, auf Assange „wie ein Spiegel“ gewesen sein. Julian habe von seinem Vater das „Rebellen-Gen“ geerbt.

Mutter Christine reiste mit dem kleinen Julian umher, heiratete später den Schauspieler und Regisseur Brett Assange - das Leben auf gepackten Koffern ging weiter. Julian ging wegen der ständigen Ortswechsel in 37 verschiedene Schulen. „Zu der Zeit habe ich das wirklich gemocht“, sagte Assange später. Mit Computern hatte der junge Julian erstmals im Alter von 13 oder 14 zu tun. Seine Mutter hatte ein Haus gegenüber eines Computer-Ladens gemietet, wo Julian einen Commodore 64 nutzen durfte.

Später, schon zu einem der versiertesten Hacker Australiens gereift, wurde der junge Mann im Alter von 18 Jahren Vater. Die Mutter des Kindes kam jedoch mit den ständigen Polizei-Visiten nicht zurecht und zog mitsamt des kleinen Daniel aus.

1996 wurde er erstmals wegen Computer-Hackings zu einem geringen Bußgeld und einer Bewährungsstrafe verurteilt. Die Staatsanwältin unterstellte ihm keine politischen Motive. „Er wollte nur angeben und seine besonderen Computerkenntnisse herausstellen“, hieß es damals in der Anklage.

Assange, über dessen Auslieferung nach Schweden wegen Vergewaltigungsverdachts in der nächsten Woche in London entschieden werden soll, hatte schon damals ein Auge für Frauen. Der gut aussehenden Staatsanwältin schenkte er Blumen. „Sie will nichts mit Dir anfangen, sie will Dich ins Gefängnis stecken“, soll sein Verteidiger darauf gesagt haben.

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