Nach Streit mit Netzwerk: YouTuber stellt Kanäle ein

Köln (dpa) - Sein letztes Video trug den Titel „Die schwerste Entscheidung meines Lebens. #Freiheit“. Seine Botschaft: Er wolle ab sofort seine beiden YouTube-Kanäle „Ungespielt“ und „Ungefilmt“ aufgeben.

Simon Unge, einer der erfolgreichsten YouTuber Deutschlands, sorgte mit diesem Video für große Aufregung in der Online-Welt.

Als Grund für seine Entscheidung nannte er einen Streit mit seinem Netzwerk Mediakraft, dem er schwere Vorwürfe macht. Das Unternehmen wiederum weist die Anschuldigungen zurück. Der Streit zeigt die Spannungen innerhalb der YouTube-Szene, wo erfolgreiche Video-Stars Hunderttausende Fans begeistern und mit ihren Videos gut Geld verdienen können.

Unge hatte rund zwei Millionen Abonnenten auf seinen zwei Kanälen. Mehr als 30 Millionen Mal wurden die Videos des professionellen YouTubers im Monat angeklickt, sagt er. Diese Reichweite gab der 24-Jährige nun auf, um auf einem neuen Kanal - „Unge“ - weiterzumachen. Bis zum Dienstag hatte der YouTube-Star dort bereits mehr als 500 000 Abonnenten versammelt.

Hintergrund von Unges Entscheidung ist ein Streit mit seinem Netzwerk Mediakraft. Das Unternehmen betreut rund 2600 Kanäle und ist eine Art Plattenlabel und Management für YouTuber. YouTube-Star Unge fühle sich von dem Unternehmen ausgenutzt und im Stich gelassen, erzählt er in seinem Video, das Befreiungsschlag und Kündigung zugleich sein soll. Seit Monaten versuche er, einen Weg aus seinem seit rund einem Jahr laufenden Vertrag zu finden - allerdings ohne Erfolg.

Mediakraft reagierte auf die zum Teil schwerwiegenden Vorwürfe in Unges Video in einer Stellungnahme auf Facebook. Dort weist das Unternehmen die Vorwürfe zurück und betont seinerseits, Unge habe sich nicht an vertragliche Absprachen gehalten und schädige damit „das gesamte Netzwerk mit allen Mitarbeitern und Partnern“.

Von anderen YouTube-Stars erhielt Unge Unterstützung. Der Video-Blogger Sami Slimani twitterte, er habe Respekt vor Unge. „Ich wünsch dir noch viel mehr Erfolg mit deinem neuen Kanal“, schrieb er. „Willkommen in der #Freiheit“, twitterte Videosternchen Dagi Bee und forderte ihre Fans auf: „Abonniert alle den neuen Kanal vom lieben Unge!“ Beide haben auf YouTube ein Millionenpublikum.

Die Empörung der Fans richtete sich derweil gegen Mediakraft. So seien innerhalb kürzester Zeit rund 80 000 Tweets eingegangen, der Großteil davon habe Beleidigungen enthalten, sagte ein Sprecher des Unternehmens am Montag auf dpa-Anfrage. Unge selbst war zu einer Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

In einem zehnminütigen Audio-Statement auf Facebook forderte er seine Fans jedoch auf, keine ungezügelten „Hates“ auf das Unternehmen und dessen Mitarbeiter loszulassen. Er selbst wolle mit dem Unternehmen einfach „nie wieder etwas zu tun haben“.

In die Auseinandersetzung mischte sich auch Fernsehmoderator Jan Böhmermann (33) ein. „Ich mag es, wenn Internetstars mit der Wirklichkeit zusammenstoßen“, kommentierte Böhmermann ironisch auf Twitter. Daraufhin brach bei der jungen Fangemeinde mehrerer YouTube-Stars eine Welle der Empörung aus. Nach stundenlangen Wortduellen beendete der Moderator des ZDF-„Neo-Magazins“ am Montagabend vorerst den Streit: „So, Schluss mit Arbeit! Nacht! Welcher YouTubestar wohl beim nächsten Mal ernst genommen und wie ein Erwachsener behandelt werden möchte?“.

Man bedauere die Auseinandersetzung mit dem YouTuber, erklärte Mediakraft am Montag. Allerdings bestehe man auf die Einhaltung des Vertrages. Derzeit stünden die Anwälte der beiden Streitparteien in Kontakt, so ein Unternehmenssprecher. Bereits im Oktober hatte der YouTuber und Freund von Unge, Florian Mundt alias „LeFloid“, in einem Interview mit dem Magazin „Vice“ bekanntgegeben, dass er seinen Vertrag bei Mediakraft auslaufen lassen und sich in Zukunft von dem Netzwerk trennen wolle.

Mediakraft Networks wurde im September 2011 gegründet und betreibt eine Reihe von Netzwerken auf YouTube und anderen Online-Plattformen. Seine YouTuber will das Unternehmen unter anderem bei Vermarktung, Produktion und Verbreitung der Videos unterstützen.

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