Internet-Betrug: Bande prellt 100 000 Kunden

München (dpa) - Mit einer bundesweiten Razzia ist der Polizei ein Schlag gegen eine Betrügerbande gelungen, die im Internet bis zu 100 000 Kunden geprellt haben soll. Die kriminelle Bande soll Waren im Internet gegen Vorkasse angeboten, aber nie geliefert haben.

Das berichtete das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) am Dienstag in München. Der Schaden reicht nach erster Einschätzung bis in den zweistelligen Millionenbereich. Das sei „in seiner Dimension bisher einzigartig“, sagte LKA-Präsident Peter Dathe. Der Leiter der Ermittlungsabteilung, Gerald Busch, sprach von einem „Ermittlungsfall, der nicht alltäglich ist.“

Bei der Aktion der LKA-Ermittlungsgruppe „Basar“ in der vergangenen Woche durchsuchten 170 Polizisten bundesweit 29 Wohnungen und Büros. Sieben Männer und Frauen im Alter zwischen 20 und 39 Jahren seien bei Razzien in Berlin, Schleswig-Holstein, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen festgenommen worden.

Ein anderer Tatverdächtiger saß bereits wegen eines anderen Vergehens in Haft, ein weiterer wurde in Österreich festgenommen. Gegen alle Verdächtigen wurde Haftbefehl erlassen, einige haben nach LKA-Angaben bereits Geständnisse abgelegt. Zudem bestehe Tatverdacht gegen drei weitere mutmaßliche Betrüger.

Auf die Spur der Betrüger kamen die Ermittler durch eine Anzeige eines Elektro-Unternehmens im schwäbischen Nördlingen. Die Firma hatte eine Internetseite entdeckt, die ihre Firmendaten in leicht abgeänderter Form benutzte. Das sei die Masche der Betrüger gewesen: Sie fälschten Internetseiten mit den Daten real existierender Unternehmen, die von dem Online-Angebot gar nichts wussten.

Auf den Seiten, von denen einige auf ausländischen Servern liegen und noch immer online sind, wurden Kleidung, Autos und sogar Gold zu relativ günstigen Preisen angeboten. Die Leiterin des LKA-Sachgebietes Wirtschaftsdelikte, Sabine Nagel, sprach von „perfiden Methoden“. Auch vorsichtige Kunden fielen auf die Machenschaften der Bande herein, weil die Betrüger zum Beispiel auch Seiten von Rechtsanwälten fälschten und dort Treuhanddienste anboten.

An das Geld kam die Bande mit Hilfe sogenannter „Finanzagenten“, die ihre Konten zur Verfügung stellten. Rund 1000 Menschen sollen sich so zumindest der leichtfertigen Geldwäsche schuldig gemacht haben.

Die mutmaßlichen Betrüger, von denen die meisten arbeitslos waren, lebten nach LKA-Angaben offensichtlich auf großem Fuß. So bezahlte einer der Verdächtigen einen 4000 Euro teuren Fernseher in bar. Der Schwerpunkt der Bande habe in Nordrhein-Westfalen gelegen, sagte Nagel. Die Ermittlungen sollen aber weiter vom Bayerischen LKA geleitet werden.

Die Untersuchungen seien sehr komplex und noch nicht abgeschlossen, betonte Ermittlungsleiter Busch. „Das Internet ist geprägt von Anonymität.“ Das erschwere die Ermittlungen. Zusätzlich seien sie auch durch die Einschränkung der Vorratsdatenspeicherung zurückgeworfen worden. Busch appellierte an die Politik, dort „möglichst bald und zügig eine Ermittlungslage zu schaffen“, die die Strafverfolgung im Internet erleichtert.

Laut Kriminalstatistik liegen die Zuwachsraten in der Computerkriminalität in Deutschland bei 20 Prozent. Jedes Jahr entsteht durch Online-Kriminalität ein Schaden von rund 40 Millionen Euro.

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