Börse verliert Glauben an Apple-Zauber

Cupertino/New York (dpa) - Apple-Chef Tim Cook muss sich nach anderthalb Jahren an der Konzernspitze durch seine erste Vertrauenskrise kämpfen: Das Wachstum flacht ab, der Gewinn stagniert, die Aktie bricht ein.

Die Börsianer scheinen den Glauben an die Wundermaschine Apple zu verlieren.

Apple fuhr im Weihnachtsgeschäft zwar erneut einen fabelhaften Quartalsgewinn von knapp 13,1 Milliarden Dollar ein. Doch es waren unterm Strich gerade einmal 14 Millionen Dollar mehr als ein Jahr zuvor - eine Stagnation statt der gewohnten Wachstumssprünge. Und auch die zaghafte Prognose für das laufende Quartal enttäuschte.

Zahlreiche Banken senkten prompt ihre Kursziele. Beim Wall-Street-Haus Morgan Stanley flog die Apple-Aktie von der Empfehlungsliste. „Ein kräftiger Rückschlag, aber die Geschichte ist nicht tot“, urteilten die Analysten von Goldman Sachs fast noch milde. Die Kollegen von JPMorgan sehen die Realität und die Erwartungen der Investoren auseinanderklaffen.

Cook setzte bislang kaum eigene Akzente mit neuen Produkten, sondern führte vor allem das Erbe seines verstorbenen Mentors und legendären Vorgängers Steve Jobs fort. „Es ist Teil meines Jobs, diese Kultur zu bewahren“, sagte Cook selbst in der Telefonkonferenz mit Analysten nach der Vorlage der Geschäftszahlen.

Der scharfe Wettbewerb drängt Cook, wichtige Weichenstellungen für die Zukunft des wertvollsten börsennotierten Unternehmens der Welt zu legen. Die Zweifel der Börse sind eindeutig: Die Aktie ist von ihren September-Hoch von mehr als 700 Dollar weit entfernt. Am Donnerstag stürzte sie im frühen New Yorker Handel um über zehn Prozent auf gut 460 Dollar ab.

Die Frage ist: Wohin kann Apple nach dem steilen Aufstieg der vergangenen Jahre eigentlich noch wachsen? Die Industrienationen scheinen ausgereizt. Hoffnungsträger ist China. Dort verdoppelten sich die iPhone-Verkäufe trotz des hohen Preises für das Smartphone. Dennoch verliert Apple in China Marktanteile. Den Markt für günstigere Computerhandys überlässt der Konzern bislang Konkurrenten wie Samsung oder den jungen chinesischen Rivalen Huawei und ZTE.

„Wir könnten das Apple-Logo auf viele Dinge packen und viel mehr Kram verkaufen, aber das ist nicht das, was wir wollen“, verteidigte sich Cook. „Wir wollen nur die besten Produkte bauen.“ Doch kann sich Cook diese Einstellung noch leisten? Die Börsianer sind skeptisch. Während Cook in der Telefonkonferenz sprach, fiel die Aktie weiter.

Mit konkreten Hinweisen auf künftige Vorhaben hielt sich Cook zurück. Allerdings war schon Steve Jobs bekannt dafür, eher ausweichende Antworten zu den Plänen von Apple zu geben. Stattdessen verstieg er sich in Andeutungen. Dabei war auch wichtig, was er nicht sagte. Cook setzt die Tradition fort.

So verzichtete er dieses Mal darauf, die Settop-Box Apple TV als „Hobby“ zu bezeichnen, sondern wiederholte, dass Fernsehen ein „Bereich von intensivem Interesse“ sei. „Ich glaube, dass wir auf diesem Gebiet viel zu bieten haben“, sagte Cook. Die Äußerungen könnten den jahrelangen Spekulationen um einen Apple-Fernseher neue Nahrung geben. Aber vielleicht will Apple auch nur die Apple-TV-Box weiterentwickeln, die im vergangenen Quartal zwei Millionen Mal gekauft wurde - ein Plus von 60 Prozent.

Die Frage nach einem iPhone mit einem noch größeren Bildschirm ähnlich Samsungs Spitzenmodell Galaxy S III beantwortete Cook hingegen relativ eindeutig: „Wir haben uns viele Gedanken über die Bildschirm-Größe gemacht und glauben, dass wir die richtige gewählt haben.“ Auch die Aussicht auf ein günstigeres iPhone-Modell dämpfte Cook. Er verwies auf die älteren Modelle, die Apple günstiger verkaufe.

„Tim war nicht sehr hilfreich“, urteilte Piper-Jaffray-Analyst Gene Munster auf Bloomberg TV. Sein Rat: Apple solle sich nach neuen Märkten umschauen, wie eben Fernsehen und günstige Smartphones. Doch was zählt mehr: Enttäuschte Analysten-Erwartungen oder tatsächliche Milliarden? Apples Geldberg wuchs alleine im vergangenen Quartal von rund 120 Milliarden auf 137,1 Milliarden Dollar. Kein Wunder, dass Tim Cook die Kritik weitgehend an sich abprallen ließ und sagte: „Wir könnten nicht zufriedener sein.“

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