Größer, schneller, teurer : Apple testet iPhone-Markt aus
Cupertino (dpa) - Die Liste der Superlative, die Apple-Chef Tim Cook aufzählt, ist lang: Im neuen iPhone Xs stecken nach seinen Worten der „intelligenteste, leistungsstärkste Smartphone-Chip“ sowie „ein revolutionäres Dual-Kamerasystem“.
Die Gesichtserkennung FaceID ist schneller geworden und im Modell Xs Max bietet Apple das bislang größte iPhone-Display an. Was der Apple-Chef auf der Bühne nicht so sehr betont, ist die Tatsache, dass das neue Spitzenmodell in der üppigen 512-Gigabyte-Ausstattung mit 1649 Euro (inklusive Mehrwertsteuer) so teuer ist wie kein iPhone zuvor.
Vor einem Jahr hatte Apple es gewagt, sich mit dem iPhone X in den USA erstmals an die psychologisch wichtige Schwelle von 1000 US-Dollar (ohne Mehrwertsteuer) heranzutasten. Da die Preise in Europa stets die Steuern enthalten, wurde in Deutschland sogar die 1000-Euro-Marke überschritten. Etliche Beobachter bezweifelten damals, dass die Kunden bereit sind, so viel Geld für ein Smartphone auszugeben. Doch sie wurden eines Besseren belehrt. Das teure iPhone X verkaufte sich nach Angaben von Apple besser als die preiswerteren Modelle wie das iPhone 8 und steigerte die Konzerngewinne weiter.
Zum Weihnachtsgeschäft tritt Apple aber nicht nur mit zwei neuen teuren Spitzen-Modellen iPhone Xs (5,8 Zoll) und Xs Max (6,5 Zoll) an: Das neue iPhone Xr (6,1 Zoll) soll die Kunden ansprechen, die unter der 1000-Euro-Schwelle bleiben wollen. Der iPhone-Hauptchip, der A12 Bionic, ist bei allen drei Modellen identisch. Unterschiedlich ist die Qualität des Displays: hochwertiges OLED bei den Xs-Modellen und LCD beim Xr. Außerdem verfügen die Xs-Modelle über eine Kamera mit zwei Linsen (Weitwinkel und Tele), während sich das Xr mit einer Linse begnügen muss.
Die Strategie erinnert an das Vorgehen des Konzerns im Jahr 2013, als Apple dem damaligen Spitzenmodell iPhone 5s das um rund 100 Euro billigere iPhone 5c zur Seite stellte. Damals ging die Rechnung für Apple nicht auf, denn die Kunden wollten für einen vergleichsweise geringen Preisunterschied nicht erhebliche Differenzen in der Leistungsfähigkeit hinnehmen. Der Hauptchip im 5c war deutlich langsamer als im 5s. Und im Gegensatz zum 5s verfügte das 5c nicht über den abgesicherten Speicherbereich „Secure Enclave“, der einen unbefugten Zugang zu dem Gerät wirksam abwehren kann. Die Nachteile sprachen sich auch in der Kundschaft herum, so dass Apple das erfolglose Projekt bereits nach einem Jahr wieder beendete.
Annette Zimmermann von Marktforschungsunternehmen Gartner glaubt aber, dass Apple diesmal besser aufgestellt ist. „Das iPhone Xr enthält den neuen Spitzen-Prozessor und auch die Gesichtserkennung FaceID. Es steht somit nicht im Verdacht, Technik von gestern zu bieten“, sagte Zimmermann der dpa nach der Produktvorführung in Cupertino. Das sei beim gefloppten iPhone 5c damals anders gewesen.