Abmelden aus sozialen Netzwerken

Hamburg (dpa/tmn) - Ein Profil bei sozialen Netzwerken ist mit wenigen Klicks erstellt. Wer es löschen will, hat es aber schwer: Denn Facebook und Co. versuchen alles, um ihre Mitglieder zu halten - gerne auch mit emotionaler Ansprache.

„Für meine Freunde war das eine große Umstellung“, sagt Frauke Lüpke-Narberhaus. Vor zwei Jahren hat die Hamburgerin ein persönliches Experiment gewagt und ihre Accounts in allen sozialen Netzwerken gelöscht. Der Abschied war für die 27-Jährige kein großes Problem, „denn es gibt ja auch E-Mail und Handy“. Ärgerlicher fand sie hingegen, wie kompliziert die Abmeldungen waren: „Der Austritt wird emotional dramatisiert und ist gut versteckt.“

Das Anmelden geht schnell, das Abmelden nicht: Wer ein soziales Online-Netzwerk dauerhaft verlässt, muss einige Hürden überwinden. Dabei gibt es für die Deaktivierung oder Löschung eines Profils gute Gründe, sagt Patrick Wassel vom Arbeitskreis Social Media im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) in Düsseldorf.

Wer zum Beispiel erste Schritte im Arbeitsleben macht, möchte im Internet nicht mehr unbedingt bei Schülerportalen gefunden werden. Aber auch wer schlicht keine Lust mehr hat auf StudiVZ oder Wer-kennt-wen, kann sein Profil löschen - „und hat auch einen gesetzlichen Anspruch darauf“, sagt der Rechtsanwalt Jan Christian Seevogel aus München.

Denn grundsätzlich erfordere die Verwendung personenbezogener Daten eine aktive Zustimmung des Betroffenen. Diese erteilen Nutzer etwa bei einer Registrierung auf Sozialen Netzwerken. Die Profildaten seien laut Bundesdatenschutzgesetz aber zu löschen, sobald die Speicherung zu keinem bestimmten Zweck mehr erforderlich ist.

„Die Erlaubnis des Nutzers zur Datenverwendung endet prinzipiell mit der Deaktivierung des Accounts, die gleichzeitig die Kündigung des Nutzungsvertrages mit dem Sozialen Netzwerk bedeutet“, erläutert Jurist Seevogel, der selbst eine Social-Media-Plattform zum Thema Recht betreibt.

Bei der Löschung dürfe es keine technischen Hindernisse geben, sagt der in Stuttgart tätige Anwalt Carsten Ulbricht, der auf Rechtsfragen im Internet spezialisiert ist. Zudem seien die Nutzer bei der Anmeldung zwingend über die Möglichkeit aufzuklären, die Zustimmung zur Nutzung personenbezogener Daten zu widerrufen.

Leicht machen es die Anbieter abschiedsbereiten Mitgliedern nicht. Wer seine Daten bei StudiVZ löscht, erhält zum Beispiel die Nachricht „Alle deine Freunde werden dich vermissen - und wir auch!“. Daneben ist eine weinende Frau abgebildet. Und oft ist die Anleitung zum Abschied gut versteckt.

Marktführer Facebook unterscheidet zwischen Löschung und Deaktivierung des Accounts. Wer seine Daten löscht, kann nie mehr darauf zugreifen. Bis zu einer endgültigen Entfernung von den Servern des Unternehmens können nach Angaben eines Sprechers jedoch bis zu 14 Tage vergehen. Anders bei der Deaktivierung: Diese friert das Profil ein und macht es für andere unsichtbar - wer sich erneut einloggt, aktiviert es aber automatisch wieder.

Für viele, vor allem jüngere Nutzer hat die Zugehörigkeit zum Online-Netzwerk elementare Bedeutung und ist der Nabel zur eigenen Bezugsgruppe, erklärt Stefan Drewes, Vorsitzender der Sektion Schulpsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) in Berlin. Der Austritt sollte daher nicht unüberlegt oder als Reaktion auf ein Ärgernis wie veränderte Datenschutzbestimmungen geschehen. Tauscht sich der gesamte Freundeskreis auf einer Plattform aus, könne der Nutzer sonst von seinem sozialen Netz getrennt werden und sich dadurch isoliert fühlen. „Die Abmeldung ist in diesem Fall vergleichbar mit dem Wegzug aus der Heimatstadt“, erklärt Drewes.

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