Autotest Mercedes-AMG GT Roadster: Sturmwarnung aus Stuttgart

Berlin (dpa-infocom) - Mercedes-Fans mit schwerem Gasfuß und dicker Brieftasche sollten jetzt schnell noch einmal zum Frisör gehen. Denn ihrer Haarpracht steht bald eine stürmische Bewährungsprobe ins Haus.

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Gut zwei Jahre nach der Premiere des GT Coupé bietet die schnelle Tochter AMG ihren Sportwagen rechtzeitig zum Start in den Sommer auch als Roadster an. Das schnittige Open-Air-Modell der Schwaben kostet mindestens 129 180 Euro.

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Der Föhnwelle keine Chance

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Für einen Aufschlag von gut 12 000 Euro gibt es ein elektrisches Textilverdeck und mit ihm mehr frische Luft, als sie der beste Haarfestiger bändigen kann. Sobald sich die knappe Stoffmütze binnen elf Sekunden auf Knopfdruck hinter die Sitze gefaltet hat, potenziert sich das Fahrerlebnis: Mit der Sonne auf der Haut, der Nase im Wind und dem Sturm in den Haaren wächst der Genuss mit jedem Kilometer, und jede Kurve fühlt sich noch intensiver an.

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Auch der vier Liter große V8-Turbo klingt noch faszinierender, wenn das wütende Brüllen aus dem Klappenauspuff ungehindert am Ohr ankommt. Da ist die sentimentale Sehnsucht nach dem guten alten 6,3-Liter-Sauger gleich nur noch halb so groß.

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Mehr Wind im Wagen

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Den Motor gibt es mit der Premiere des GT Roadsters in einer weiteren Leistungsstufe. Im neuen GT C kommt er mit 410 kW/557 PS, liegt damit 60 kW/81 PS über dem Grundmodell und schließt die Lücke zum GT R, für den die schnellen Schwaben ihren GT3-Rennwagen mühsam in das Korsett der Straßenzulassung gepresst haben. Nicht, dass im Standard-GT Flaute herrschen würde. Doch mit dem GT C frischt der Fahrtwind noch einmal merklich auf.

Das liegt nicht nur am unzureichenden Windschott, das erstens ziemlich billig wirkt und zweitens kaum etwas bringt. Das liegt vor allem an den Fahrleistungen: Schließlich steigt die Höchstgeschwindigkeit auf 316 km/h und wer mit dem elektronisch optimierten „Race Start“ den perfekten Ampelsprint absolviert, hat nach 3,7 Sekunden schon Tempo 100 erreicht. Während diese Werte im Alltag tatsächlich zu schaffen sind, darf man sich beim Verbrauch keinen Illusionen hingeben: Die 11,4 Liter (CO2-Ausstoß 259 g/km) sind pure Prüfstands-Poesie und nach dem ersten Überholmanöver nur noch Schall und Rauch.

Die Sinne geschärft, die Nerven gespannt

Aber AMG hat im GT C nicht nur dem V8-Motor Dampf gemacht, sondern das ganze Auto dramatisch zugespitzt. Zum ohnehin schon markanten und martialischen Panamericana-Grill gibt es auch noch ein sechs Zentimeter breiteres Heck und ein ambitionierteres Fahrwerk. Denn wie der GT R bekommt auch der GT C eine elektronische Hinterachssperre sowie eine aktive Hinterachslenkung und kommt damit noch besser um die Kurven.

Wenn man von einen in den anderen Wagen wechselt, fühlt es sich an, als wäre er einen halben Meter kürzer und ein paar Zentner leichter - so einfach geht er plötzlich ums Eck. Da fällt es schwer, sich an die guten Sitten zu halten.

Keine Kompromisse beim Komfort

So engagiert und ambitioniert man den GT fahren kann, so entspannt lässt sich der Sportwagen auch bewegen. Mit dem Drehrad für den Fahrmodus nicht mehr auf Race oder Sport+, sondern auf Comfort, machen Fahrzeug und Fahrer einen lässigen Cooldown: Der Griff am Lenkrad lockert sich, die Sitzhaltung wird bequemer, die adaptiven Dämpfer zeigen sich von ihrer nachgiebigen Seite und mit einen Lächeln lässt man die Lamborghini und Ferrari wieder fahren, denen man bis eben noch am Heck gehangen hat. Wer so viel Geld ausgibt, der muss auch mal gönnen können und genießt stattdessen lieber typischen Mercedes-Komfort: klimatisierte Sitze und Nackenheizung inklusive.

Zwar kann man so stundenlang fahren und trotzdem entspannt aussteigen. Aber als Alltagsauto taugt der GT nur eingeschränkt. Der 165 Liter große Kofferraum ist mit zwei Jacken und zwei kleinen Taschen an der Grenze seines Fassungsvermögens. Vor allem mit geschlossenem Dach ist der Roadster so unübersichtlich, dass man beim Schaulaufen im Stadtverkehr bisweilen ganz schön ins Schwitzen kommt.

Fazit: Atemlos im Auge des Sturms

Nicht dass es bei Mercedes vom Smart Cabrio bis zur offenen S-Klasse nicht schon genügend offene Autos gäbe. Doch mit dem GT Roadster ist der Tochter AMG eine faszinierende Erweiterung der Frischluft-Flotte gelungen. Rasend schnell, hoch emotional und stets von bewundernden Blicken begleitet bringt er frischen Wind auf die Überholspur und schafft ein Kunststück, das keinem anderen offenen Mercedes gelingt: Man ist im Auge des Sturms und ohne Atem.

Datenblatt: Mercedes-AMG GT C Roadster

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

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