Chevrolet Orlando: Betont lässiger Familienfreund

Berlin (dpa-infocom) — Lange Zeit war bei den Großraumlimousinen irgendwie die Luft raus. Zu spießig, zu brav und vor allem zu sperrig. So mussten sie häufiger modernen Crossover-Konzepten weichen.

Doch jetzt schlagen die Raumkreuzer zurück.

VW und Seat haben mit Sharan und Alhambra den Anfang gemacht, Ford mit C-Max und Grand C-Max nachgelegt, nun will es auch Chevrolet wissen: Als ersten Van seit der Übernahme von Daewoo bringen die Amerikaner deshalb im März den Orlando an den Start.

Design wider dem Einerlei

Der Orlando ist mit 4,65 Metern Meter Länge noch halbwegs kompakt und handlich, aber trotzdem geräumig. Er soll vor allem Kunden von Mazda5 oder Renault Grand Scénic erobern. Dafür setzt Chevrolet auf ein Kriterium, das bei vielen Konkurrenten etwas zu kurz kommt: das Design. Wird dort die Form oft der Funktion geopfert, hebt sich der Amerikaner angenehm aus dem Einerlei der rund geschliffenen Großraumkästen ab.

Immerhin hat der Orlando noch eine markante Schnauze, behält den bulligen Chevrolet-Grill, duckt sich etwas tiefer auf die Straße und zeigt dem Hintermann ein knackig-kantiges Heck. So gibt er den hemdsärmligen Familienfreund, der auch kinderlose Paare mit sperrigem Freizeitgepäck erreichen will: Fahrräder und Ski machen sich im Gepäckraum deshalb mindestens genauso gut wie Kinderwagen, Windelpakete oder und Wickelkommoden.

Minuspunkte beim Sitzkonzept

Der Orlando punktet gegenüber seinen Konkurrenten mit mehr Piff. Zurückstecken muss er dagegen bei der Praktikabilität: Das Ladevolumen von maximal 1499 Liter geht zwar in Ordnung. Die dritte Sitzreihe lässt sich nicht schwerer versenken als bei Touran und ähnlichen Modellen. Und ganz hinten wird es jenseits von 1,60 Metern etwas unbequem. Das ist in dieser Klasse aber normal. Doch woran es wirklich hapert, ist die Bank in der zweiten Reihe: Sie ist nicht drei- sondern nur zweigeteilt, ist fest montiert statt verschiebbar und muss etwas zu kompliziert vorgeklappt werden, bevor man ganz nach hinten klettern kann. Das funktioniert bei anderen Vans besser. Aber deren Preis beginnt auch nicht bei konkurrenzlos günstigen 18990 Euro, sondern in der Regel ein bis zwei Tausender darüber.

Für diesen Kampfpreis gibt es bei Chevrolet ein ziemlich komplett ausgestattetes Familienauto, bei dem neben sechs Airbags und dem ESP auch die Klimaanlage schon an Bord ist. Außerdem überrascht der Amerikaner mit einem vergleichsweise liebevollen Ambiente. Boten die US-Autos früher gerne mal eine lustlose Plastikwüste, wirkt das mit vielen Bedienelementen von der Konzernschwester Opel bestückte Orlando-Cockpit vornehm und durchdacht. Alle Schalter, Hebel und Knöpfe liegen ordentlich zur Hand, was man anfasst, fühlt sich gut an. Hin und wieder entdeckt man sogar noch eine kleine Überraschung, zum Beispiel das Geheimfach hinter dem Radio, in dem man sein Handy oder den MP3-Player verstecken kann.

Komfort statt Kurvenspaß

Wie es sich für einen Familienwagen gehört, ist der Orlando betont sicher und komfortabel abgestimmt. So taugt der vom Chevrolet Cruze abgeleitete Siebensitzer, der auch Pate für den nächsten Opel Zafira steht, mit seiner etwas soften Lenkung und der zahnlosen Bremse vielleicht nicht zum Kurvenräuber. Aber dafür bügelt er bucklige Pisten glatt und wird damit zum idealen Langstreckenläufer.

Wer tatsächlich auf die große Fahrt gehen will, sollte beim Antrieb allerdings nicht knausern. Der Benziner mit 104 kW/141 PS könnte dafür ein wenig schwach sein, und der Diesel mit 96 kW/130 PS. Sehr gut dagegen passt der stärkere Selbstzünder, der aus seinen zwei Litern Hubraum 120 kW/163 PS schöpft und als einzige auch mit einer Automatik angeboten wird. Sie hat sechs Stufen und sortiert feinfühlig die Gänge. Deshalb merkt man kaum, dass der Orlando trotz maximal 360 Nm immerhin 11,0 Sekunden auf Tempo 100 braucht. Erst einmal in Fahrt, geht es dann flott weiter und mit bis zu 195 km/h über die linke Spur. Dabei verraucht der Motor im Mittel 7,0 Liter und kommt so auf einen CO2-Ausstoß von 186 g/km.

Fazit: Neue Impulse auf dem Van-Markt

Natürlich ist der Orlando weder der billigste noch der beste Van. Doch für das Erstlingswerk der Amerikaner ist er gut gelungen und setzt im Segment ein paar neue Impulse. Er sieht ordentlich aus, bietet viel Platz und ist trotz seines günstigen Einstiegspreises ordentlich ausgestattet. Selbst als einer unter vielen ist er für Chevrolet ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem großen Ziel: Schließlich wollen die Amerikaner bis zur Mitte des Jahrzehnts ihren Marktanteil in Deutschland verdoppeln.

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