Freies Netzwerk Kultur Wem gehört die Arbeit nach dem digitalen Wandel?

Die Arbeitswelt der Zukunft wird anders sein als bisher angenommen. Ob nachfolgende Generationen freier, selbstbestimmter oder gesünder arbeiten werden, wissen wir noch nicht.

 Tine Lowisch vom Freien Netzwerk Kultur.

Tine Lowisch vom Freien Netzwerk Kultur.

Foto: CLAUDIA SCHEER VAN ERP

Die Arbeitswelt der Zukunft wird anders sein als bisher angenommen. Ob nachfolgende Generationen freier, selbstbestimmter oder gesünder arbeiten werden, wissen wir noch nicht. Dies loten unter anderem freiberufliche Künstler, die ihr Scheitern mit einkalkulieren, in Selbstversuchen unerschrocken für uns aus. Nach der Bewältigung der Krise liegen durch Evaluierung genug Daten vor, zusammengetragen durch das Beantragen von Sofort- oder Überbrückungshilfen. Diese Zahlen braucht es, um eine innovative Debatte zu Arbeiten 4.0 zu führen. Eine, die die Erfahrungen aus der Pandemie miteinbezieht und die zuallererst zu einem fair ausgehandelten Kompromiss zwischen den Vertragspartnern führen sollte.

Vielleicht fange ich nochmal an: Bitte wenden Sie mit mir die Georg Baselitz-Methode an und stellen, genauso wie das Känguru aus den Chroniken oder Friedrich Engels im Abgleich mit Karl Marx, zwei in unseren Köpfen bereits zementierte Begriffe auf den Kopf. Halten wir es so herum wie der weltbekannte Maler seine Bilder. Der Arbeitgeber wäre, bei diesem Gedankenspiel, derjenige, der seine Arbeitskraft abgibt, und der Arbeitnehmer derjenige, der dem Arbeitergeber seine Arbeitskraft nimmt und sie ihm zu einem vereinbarten Preis abkauft. Beide Begriffe in dieser Umkehrung zu verwenden und die Auffassung darüber, was ein Arbeitgeber oder ein Arbeitnehmer  ist oder wie er sein könnte, also die Frage: Wem die Arbeit in Zukunft gehört, zu beantworten, dazu haben wir jetzt erstmal keine Zeit.

Nehmen wir das Thema mit wie ein Bündel an Erfahrungen in diesem schon viel zu schweren Rucksack auf unserer Wanderung ins Digitale. Die Herausforderung dabei ist, dass trotz großer Anstrengungen, die vor uns liegen, vor allem unsere Gedanken frei und beweglich bleiben sollten. Was Arbeit bisher für uns war und was Arbeit für uns werden könnte, da darf jetzt gerne weiter gedacht werden. Im Moment wird viel von einer Wissensarbeit gesprochen, von Dingen wie Crowdworking, Design Thinking und Digital Literacy. Von zukunftsfähigen Erwerbstätigen die on demand verbunden sind durch Cloud-Technologien. So werden beim Crowdworking Aufträge oft meist in kleinere Aufgaben zerteilt, dann irgendwohin vergeben, entweder intern oder extern von Solo-Selbstständigen erledigt, die oft auch am anderen Ende der Welt für viele Auftraggeber fast gleichzeitig digital Daten verarbeiten: Heute bestellt, gestern erledigt. Die Zeitverschiebung und die Globalisierung machen es möglich. Arbeitsteilung und ihre Auswirkungen? Da war doch was? Ach ja, jetzt heißt es aufpassen, denn wir dürfen nicht wieder vergessen, die Arbeitswelt von morgen so human wie möglich für alle Beteiligten zu gestalten, denn sie dient immer noch dem Broterwerb.

Die in ihrer großen Anzahl, so die Erwartungen, stetig ansteigende Masse der Solo-Selbstständigen oder Unternehmerinnen mit vielleicht nur einer Handvoll Angestellten, die der Digitale Wandel hervorbringen wird, sollten jetzt aus der Mitte der Gesellschaft heraus, von einer Solidargemeinschaft der erfolgreichen Unternehmerinnen und auch der Festangestellten besser geschützt und mitversorgt werden, wenn sie durch Alter geschwächt nicht mehr weiter von Gig zu Gig also von Einmal-Auftrag zu Einzel-Job für den Auftraggeber jagen können. Der Gedanke, das Selbstständige nichts für die Solidargemeinschaft, die im Moment noch zu einem übergroßen Anteil aus Festangestellten besteht, getan haben, ist von aktuellen Ereignissen überholt. Vielmehr ist der Gedanke, dass Solo-Selbstständige, Einzelunternehmer und auch Freiberufler, vor allem die in der Kunst- und Kreativwirtschaft, für das, was jetzt kommt, inhaltlich vorgearbeitet haben, nicht zu verachten. Fragen wir sie doch einfach nach ihren Erfahrungen und beziehen diese in zukünftige Entscheidungen mit ein.

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