Wülfrath Mundart überlebt in einem Wörterbuch

Wülfrath. · Die Teilnehmer der Gesprächsrunden „Bergisch Platt kallen“ tragen Begriffe zusammen.

 Rolf Julius (l.) und Eberhard Tiso wollen Begriffe aus dem Bergischen Platt in einem Wörterbuch bewahren.

Rolf Julius (l.) und Eberhard Tiso wollen Begriffe aus dem Bergischen Platt in einem Wörterbuch bewahren.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Wenn vor rund 150 Jahren die Kinder in der Wohnung Unordnung verursacht hatten, dann sprach die Mutter oder die Großmutter von „Körmel“. Sofern das Kind auch noch unartig war und Wiederworte gab, wurde es gebeten, die „Schnut“ oder die „Schnüss“ zu halten. Vielleicht trug die Mutter dabei sogar noch Rölleken in den Haaren, heutzutage sagen wir „Lockenwickler“. All diese Begriffe stammen aus dem Wülfrather Platt. Ein Dialekt, der heutzutage wohl kaum noch gesprochen, aber von einigen Senioren zumindest noch verstanden wird. Für den den Gesprächskreis „Bergisch Platt“ ein Grund mehr, den lokalen Dialekt zu pflegen. „Die Mundart war in meiner Jugendzeit verpönt. Meine Mutter zwang uns zu Hause, immer Hochdeutsch zu sprechen“, erzählt Rolf Julius. „Meine Großmutter hat aber Mettmanner Platt gesprochen.“

Mittlerweile ist Julius selbst Großvater und versucht, einiges der Mundart an seine Nachkommen weiterzugeben oder zumindest das Interesse dafür zu wecken. Seine eigenen Platt-Kenntnisse frischt er in der Gesprächsrunde „Bergisch Platt kallen“ auf, die regelmäßig im Niederbergischen Museum läuft. „Zunächst haben wir uns nur getroffen und Gedichte in Bergisch Platt vorgetragen“, sagt Eberhard Tiso, Vorsitzender des Trägervereins Niederbergisches Museum Wülfrath. Mittlerweile hat sich der Gesprächskreis weiterentwickelt und verfolgt ein Projekt: Während ihrer Treffen arbeiten die Senioren an einem Mundartwörterbuch. Die Idee dazu hatte übrigens Rolf Julius, der ein Büchlein über das Mettmanner Platt bearbeitet und eine Blättersammlung erstellt hat. Aus der werden bei jeder Sitzung nun die Begriffe Wort für Wort ins Wülfrather Platt übertragen. Pro Sitzung schaffen die Teilnehmer etwa einen Din-A 4-Zettel, dazwischen wird auch die ein oder andere Anekdote erzählt. „Wenn wir in dem Tempo weitermachen, dann ist das Buch in etwa 16 Jahren fertig“, sagt Tiso scherzend.

Wichtig bei den Gesprächskreisen sei es aber, ein Ziel vor Augen zu haben und auch eine Struktur. Als Hausaufgabe und Vorbereitung für das nächste Treffen werde den Teilnehmern immer bereits eine Liste mit Wörtern an die Hand gegeben.

Da Julius als Grundlage für die Arbeit das Mettmanner Platt-Wörterbuch genommen hat, ist das Mettmanner neben dem Wülfrather Platt aufgeführt. Teilweise listet Julius auch die Begriffe aus dem Heiligenhauser und dem Velberter Platt auf, sofern sie den Teilnehmern bekannt sind. „Das Bergische Platt ist sich eigentlich recht ähnlich. Zum Teil gibt es aber feine Unterschiede, manchmal auch größere“, erklärt der Wülfrather. Das hängt sicherlich auch mit der Nähe der niederbergischen Städte und der Durchmischung der Einwohner zusammen. Die Backstube beispielsweise wird sowohl im Mettmanner wie auch im Wülfrather Platt „Backes“ genannt. Die eingangs erwähnten Lockenwickel nennt man im Wülfrather Platt „Rölleken“, die Mettmanner sagen jedoch „Babbeljöttschen“. Für das hochdeutsche Wort Gehrock/Frack, zu dem die alten Mettmanner „Batzenschläjer“ sagten, hat der Wülfrather Gesprächskreis jedoch keinen eigenen Begriff gefunden.

Rund 30 Teilnehmer kamen
zum jüngsten Treffen

Vor rund eineinhalb Jahren hat der Gesprächskreis mit etwa zwölf Personen begonnen. Beim jüngsten Treffen kamen rund 30 Personen im Alter von 70 bis 80 Jahren, die Freude daran haben, das Wülfrather Platt für ein Wörterbuch zusammenzutragen. „Wir betreiben keine Sprachforschung“, sagt Tiso. Doch er findet es wichtig, die Bürger mir ihrer „Muttersprache“ in Kontakt zu bringen. Teilnehmen kann jeder, Platt-Kenntnisse sind keine Voraussetzung.

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