Umgang mit Medien Medientraining für Kita-Kinder

Düsseldorf · Im Gerresheimer Familienzentrum ist ein neues Projekt gestartet, bei dem sich die Drei- bis Sechsjährigen mit digitalen Medien auseinandersetzen. Das neue Programm soll den bewussten Umgang mit den Medien schulen.

Manon Czimmek klopft geheimnisvoll auf den roten Rucksack. „Hier sind Dinge drin, die ihr bestimmt schon sehr gut kennt“, sagt sie und schaut amüsiert in die drei weit geöffneten Augenpaare. Die Erzieherin zieht ein Tablet hervor, das Sophia (3), Manveer und Nils (beide 4) wegen seiner blauen, robusten Hülle erst einmal gar nicht zuordnen können. So ein klobiges Ding haben sie bisher noch nie gesehen. „Ein Spiegel“, schreit Manveer plötzlich, betrachtet den schwarzen Bildschirm dann aber doch stirnrunzelnd. Schließlich findet die Vierjährige den Startknopf, der das Gerät enttarnt. Prompt werden die ersten Selfies gemacht. In Eigenregie und mit  durchaus erfahrenem Posing.

Unter dem Motto „Unsere Kita wird medienkompetent, wir sind dabei!“ sind jetzt drei Kindertageseinrichtungen in das Projekt „Medita Düsseldorf — Medien in der Kita“ gestartet. Darunter auch das Familienzentrum Gustav-Kneist-Weg in Gerresheim. Das LVR-Zentrum für Medien und Bildung hat im Auftrag der Stadt und mit Unterstützung des Jugendamtes und des Jugendhilfeausschusses die Projektleitung übernommen. Die teilnehmenden Kitas wurden mit einem Technik-Rucksack ausgestattet, jeweils zwei Erzieher pro Einrichtung werden von Mediencoaches fortgebildet und über die drei Monate andauernde Projektphase begleitet.

Gabriela Brand leitet das Familienzentrum in Gerresheim und betrachtet das Projekt als Chance, die Medien-Erfahrungen in ihrem Haus noch weiter voranzutreiben. „Wir arbeiten bereits seit drei Jahren mit verschiedenen Medien. Eine Kollegin besingt mit Kindern CDs, einige Kinder haben aber auch schon mit dem Tablet einen eigenen Trickfilm gestaltet“, sagt sie. Auch ein Laptop mit einem Lernprogramm namens Schlaumäuse komme jährlich bei den Vorschulkindern zum Einsatz. Vor jeder Gruppe und im Eingangsbereich der Kita hängen digitale Bilderrahmen, in denen Fotos der Kinder aus dem Kita-Alltag und von verschiedenen Projekten gezeigt werden.

„Die Kinder wachsen heutzutage in einem Umfeld auf, das geprägt ist von unterschiedlichen Medien“, sagt Brand. „Die Kinder sehen, wie selbstverständlich die Eltern ihr Handy im Alltag benutzen, es ist ständig präsent. Und viele werden nachmittags vor das Tablet oder den Fernseher gesetzt.“ Bei der letzten Elternversammlung hatten einige Eltern angegeben, dass zwei Stunden am Tag vor Tablet oder Fernsehen Standard seien. Auch als Einschlafhilfe am Abend komme das Tablet zum Einsatz.

„Dass die jungen Kinder die bewegten Bilder neurologisch gar nicht verarbeiten können, ist den meisten Eltern nicht bewusst“, sagt Brand. Umso wichtiger ist es ihrer Meinung, die Eltern in das Medienkompetenztraining einzubinden. „Wir wollen zeigen, welche kreativen Ansätze es gibt, sich mit Medien auseinanderzusetzen. Und, dass auch ein Bilderbuch oder eine Audio-CD Medien sind.“

Die Erzieherinnen Manon Czimmek und Fatma Güngör haben bereits eine zweitägige Schulung absolviert und sich ein Konzept überlegt, wie der Technik-Rucksack in ihrer Kita zum Einsatz kommen soll. „Wir werden uns mit dem Thema Ernährung auseinandersetzen“, sagt Güngör. Eltern können Rezepte einreichen, die in der Einrichtung mit den Kindern nachgekocht werden. Die verschiedenen Schritte werden in Fotos festgehalten, Texte, Audio- und Video-Sequenzen zu einem digitalen Kochbuch zusammengefügt. Mit dem Mikrofon interviewen die Kinder sich untereinander, befragen sich zu ihren kulinarischen Vorlieben. Eine Gruppe von Kindern wird auch auf dem Wochenmarkt Obst- und Gemüsesorten fotografieren und die Bilder dann für ein selbst kreiertes Memory vervielfältigen.

Am Ende der Projektphase werden die Ergebnisse den Eltern vorgestellt. Dann wird es auch Gelegenheit geben, die Eltern über  die Gefahren von Sozialen Netzwerken, Youtube und Co. aufzuklären. „Auch da ist den meisten nicht bewusst, dass Kinder da an Dinge geraten können, die für sie nicht geeignet sind“, sagt Manon Czimmek.

Die Pädagoginnen sind überzeugt, dass Medien einen Mehrwert im Kita-Alltag bieten, den Eltern aber bewusst gemacht werden muss, dass auch zu Hause ein kritischer Umgang notwendig ist. „Wenn mich ein Kind fragt, warum es heute keine Dinos mehr gibt, dann finde ich es toll, mit ihm zusammen das Tablet aufzuklappen, direkt ein Bild vom Dino zu sehen und alle Fragen direkt klären zu können, ohne erst ein Buch heraussuchen zu müssen, das vielleicht gerade nicht auffindbar ist“, sagt Kita-Leiterin Gabriela Brand. „

Wichtig ist dabei aber, das Kind damit nicht allein zu lassen. Und das müssen wir vor allem auch den Eltern vermitteln.“

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