Torsten Sträter „Sammy Davis war das wahre Genie des Rat Pack“

Düsseldorf · Der Komiker und Kabarettist Torsten Sträter gibt im Interview Einblicke in seine musikalischen und cineastischen Vorlieben. Dabei kommt Überraschendes heraus.

 Torsten Sträters Musikgeschmack reicht von den Rolling Stones über Sinatra bis zur Klassik.

Torsten Sträters Musikgeschmack reicht von den Rolling Stones über Sinatra bis zur Klassik.

Foto: Guido Schröder

Christian Ehring geht seit einem Jahr nicht mehr selbst „ins Konzert“, sondern hat für die Reihe in der Tonhalle Kollegen eingeladen ihn zu vertreten. Torsten Sträter wäre am 29. März dran gewesen, die Moderation zu übernehmen. Dann grätschte Corona dazwischen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die Tonhalle und das Sträter’sche Management arbeiten an einem Nachholtermin. Die Karten behalten ihre Gültigkeit. Um die Wartezeit zu verkürzen, haben wir Torsten Sträter einfach mal gefragt, ob er sich überhaupt mit Musik auskennt.

Herr Sträter, wir müssen reden. Ichhabe Sie als Stones-Fan verortet und jetzt Klassik. Wie konnte das passieren?

Torsten Sträter: Ich bin tatsächlich ein großer Freund der Klassik. Denn sie ist quasi die ganz große Schwester, nein — die Gouvernante, der Filmmusik. Sie interessiert mich und es ist ein Feld auf dem ich moderativ noch nie etwas zu schaffen hatte. Da habe ich mir wieder was eingebrockt.

Das heißt Christian Ehring hat bei Ihnen mit seiner Vertretungsanfrage offene Türen eingerannt?

Sträter: Herr Ehring hätte mich auch noch für etwas Bizarreres anfragen können, das hätte ich wahrscheinlich auch gemacht. Ich vertraue ihm voll umfänglich.

Auch wenn der Termin nun verschoben werden muss, wie haben Sie sich auf den Nachmittag in der Tonhalle vorbereitet?

Sträter: Ich hatte ein Briefing und wie sich herausstellte, ist die Sache hochkomplex. Ich beginne aber erst kurz vorher mit der Schreibarbeit. Ich gebe zu, ich habe jetzt schon ein ungutes Gefühl. Dann wird es aber oft am besten.

Was erwartet uns dann?

Sträter: Das Programm steht ja schon fest. Es wird das Holland Baroque zusammen mit Wu Wei an einem Instrument, das Sheng heißt, auf der Bühne stehen. Für mich ein absolutes Allround-Genie. Sie spielen unter anderem Bach, Vivaldi und Kikeriki. Ich habe mir das Programm schon angesehen, Venezianische Klassik mit chinesischen Einflüssen. Das wird hochinteressant und ich kann sagen, meine Moderationen — also meine Gedanken zur Klassik — werden davon weitgehend losgelöst sein. Ich habe auch schon ein paar stumpfsinnige Ideen, die ich bis dahin hoffentlich wieder gestrichen habe.

Sie waren letztes Jahr zum ersten Mal in Wacken. Neugier oder Job?

Sträter: Ich bin dahin gebucht worden, auf die Comedy-Bühne. Da waren ein paar Tausend Leute, für die ich eine Stunde Comedy gemacht habe. Nach mir war Henry Rollins dran. Ich hatte da großen Spaß an der Open-Air-Atmosphäre.

Jetzt haben wir gelernt, Sie mögen Klassik, die Stones und die Headbanger-Fraktion in Wacken ist auch okay. Wie passt da Sinatra ins Bild? Den habe ich auf Ihrem T-Shirt gesehen.

Sträter: Ich liebe Sinatra. Ich höre den schon seit ich jung war. Bin ich jetzt nicht mehr, aber ich höre ihn immer noch gerne. 1983/84 habe ich ihn auf seiner letzten Tour in Dortmund live gesehen. Die Halle war nur halb voll. Er hat viel vom Tele-Prompter abgelesen. Sachen, die ich auch gerne mache. Es war trotzdem ein tolles Konzert. Oder war es 1986/87? Müsste ich noch mal schauen, ich habe ja die Karte noch. Es war unfassbar teuer. 340 Mark hat das Ticket gekostet. Die 80er waren eindeutig nicht Sinatras Jahrzehnt. Da stach nur ein Album heraus und das war produziert von Quincy Jones: „L.A. is my Lady“. Er war zwar schon ein alter Knochen, aber er konnte es immer noch.

Vom Rat Pack hat mir eigentlich immer Dean Martin am besten gefallen. Er hatte das wärmere Timbre.

Sträter: Von denen war Sammy Davis eigentlich der Begabteste. Das war wirklich unglaublich. Ich persönlich halte Sinatra zwar für den besten Sänger des Jahrhunderts, aber Sammy Davis war das wahre Genie. Was der alles konnte, singen über mehrere Tonleitern und bis ins hohe Alter noch steppen. Dean Martin war immer der große Charmebolzen und der Komiker neben Joey Bishop. Sinatra war ein Techniker. Immer einen halben Ton oder Takt daneben singen mit purer Absicht. Dafür hatte Dean Martin Charme und Gefühl. Ich mochte sie alle.

„Sträter“ heißt Ihr neues TV-Format im Ersten – läuft bei Ihnen. Reiben Sie sich manchmal die Augen und fragen sich, wie es soweit kommen konnte?

Sträter: Es war ein erster Entwurf des Formats, ursprünglich für den WDR produziert und dann hat die ARD das genommen. Damit bekommt das Ganze gleich eine andere Dynamik. Ich frage mich alle zwei Wochen, wie mir das alles so passieren konnte. Kürzlich erst. Da war ich in Nürnberg in einer Apotheke, weil ich nach einem Auftritt Halsschmerzen hatte. Während ich in der Schlange stand, schlecht gelaunt, weil es draußen regnete und der Hals tat weh, kam so ein Lieferant. Da hat sich meine Laune schlagartig gebessert. Denn genau das habe ich bis vor zehn Jahren noch gemacht. Da dachte ich, so schlecht geht es dir nicht, auch wenn du jetzt Halsschmerzen hast. Du stehst in der Apotheke und belieferst sie nicht. Dann blickte ich auf meine Uhr und die zeigte halb Eins. Da dachte ich, komm, du bist erst vor einer Stunde aufgestanden. Das Leben ist eigentlich doch ganz schön. Aber um ehrlich zu sein, ich versuche möglichst nicht zu viel darüber nachzudenken, wie diese kleine Karriere entstanden ist. Das macht mich nur nervös.

Sie haben ein eigenes Kino in Ihrem Heimatort. Was macht für Sie einen guten Film aus und was haben Sie zuletzt gesehen?

Sträter: Sie haben ein eigenes Kino ist gut. Es ist eine Kabarett-Bühne bei mir im Ort. Da bin ich auch für Lesungen und das ist alles schön und gut. Aber noch schöner wäre es, wenn wir da sonntagmorgens um 11 Uhr Filme zeigen könnten. Ich habe da das romantische Bild des alleinerziehenden Vaters, der mit seinem Kind kommt und dann wird nochmal „King Kong gegen Godzilla“ geschaut oder Bud Spencer. Nach einer fixen Idee im Oktober vergangenen Jahres fing es an epische Ausmaße anzunehmen. Also habe ich Geld in die Technik gesteckt und in der Schweiz eine große Leinwand bauen lassen. Jetzt ist das Ding fertig. Ich habe auch schon eine Testvorführung gemacht, die war schön. Aber ich komme jetzt erst einmal nicht dazu, die erste Vorstellung zu starten.

Welche Filme wollen Sie denn zeigen, wenn es wieder geht?

Sträter: Gerne welche, die nicht zur Jahreszeit passen. Ich finde am Valentinstag sollte man sowas zeigen wie „Halloween“ oder Double-Features, die nicht zusammengehören, so wie „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ und „Schlaflos in Seattle“, oder 70er-Jahre-Horrorfilme. Im Prinzip sollen die Leute aufs Auge gedrückt bekommen, was ich gut finde. Aber auch einmal im Monat, was ich richtig schlecht finde.

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