Wie Luftbilder Historie aufklären

Baoquan Song präsentierte beim Familienvortrag in der Junior Uni seine Aufnahmen. Mit ihnen hat er schon römische Kanäle entdeckt.

Kein Platz war gestern Mittag im Werner-Jackstädt-Audimax mehr frei, als dort zu einem interessanten Familienvortrag eingeladen wurde.

Dr. Baoquan Song, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Archäologie an der Ruhr-Universität in Bochum, hielt einen reich bebilderten Vortrag zum Thema „Luftbildarchäologie — Forschen aus der Vogelperspektive“. Unter Archäologen stellen sich die meisten Menschen Forscher vor, die mit dem Spaten in der Erde nach Schätzen oder Ruinen graben. Die Archäologen von heute aber überfliegen regelmäßig unterschiedliche Regionen Nordrhein-Westfalens und bringen Erstaunliches zutage.

„Der Vorteil der Luftbilder ist, dass man einen sinnvollen Überblick bekommt“, sagte der Referent und erklärte die beiden unterschiedlichen Arten, wie solche in der Luft aufgenommenen Bilder entstehen. Eine große Kamera würde unter dem Flugzeug befestigt, damit sogenannte Senkrechtbilder von der Landschaft gemacht werden können. „Auf diese Weise aufgenommen überlappen sich die Bilder, der Fotograf wird zum Operateur“, sagt der Referent. Diese Aufnahmen könnten auch dreidimensional gesehen und so die Landschaft besser verstanden werden.

Solche Luftbilder habe es schon im Ersten Weltkrieg als Dokumentation gegeben. Sie seien wertvoll, denn durch die Bombardements würde die Landschaft heute ja so nicht mehr existieren. „Wir Archäologen werten solche Bilder aus.“

Die zweite Möglichkeit, Luftbilder zu bekommen ist die, mit einem kleinen Flugzeug in die Luft zu gehen und mit einer guten Kamera Aufnahmen zu machen. „Dabei wird das Objektiv schräg auf die Landschaft gerichtet und der Vorteil ist, dass das Objekt sofort zu erkennen ist.“ Die Vogelperspektive biete großartige Möglichkeiten, um Fundstellen schnell und effektiv zu erkunden. Wie das aussieht, das zeigte der Experte anhand zahlreicher Aufnahmen, die er in den vergangenen Jahren gemacht hatte. Unterirdische, in Vergessenheit geratene Gebäudereste lassen sich aufspüren. Dabei liefern Bodenverfärbungen oder Unterschiede im Wachstum der Pflanzen entscheidende Hinweise.

Dr. Baoquan Song überfliegt seit 2003 regelmäßig Regionen in Nordrhein-Westfalen und hat so zahlreiche neue Fundstellen aus verschiedenen prähistorischen Epochen entdeckt. Vor zehn Jahren konnte er beispielsweise das Rätsel lösen, woher die Römer — ihnen war das Wasser aus dem Rhein nicht sauber genug — das Quellwasser für ihre Badeanlage bekommen haben.

„Fundamente von Wasserleitungen habe ich entdeckt durch die Höhen- und Farbunterschiede von Wintergemüse auf den Feldern. Durch Grabungen sind dann die Leitungen gefunden worden“, schildert er die Entdeckung. Seit der Steinzeit hätten die Menschen schon massiv in den Boden eingegriffen. 2010 seien in der Nähe der Raststätte Soest in Richtung Kassel Spuren gefunden worden. „Kornkreise, auf denen das Getreide besser wächst, haben auf Gräben von Bestattungen darunter hingewiesen. Das war vor ungefähr 3500 Jahren.“ Archäologen suchen seit Jahren nach Römischen Lagern und 2011 sei ein neues entlang der Lippe entdeckt worden. „Als ich Graben mit abgerundeten Ecken gefunden habe, da war das schon römerverdächtig. Und als es sich bestätigte, war es eine kleine archäologische Sensation.“

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