Theater: Künstler im Krieg

Das Gastspiel „Kollaboration“ zeigte das Arbeiten von Richard Strauss und Stefan Zweig in der Zeit des Nazi-Terrors.

Lobberich. Haben sich Künstler im Dritten Reich schuldig gemacht? Der Autor Ronald Harwood macht mit "Kollaboration" deutlich, dass das Thema viel zu komplex für einfache Antworten ist. Im Mittelpunkt der Inszenierung des Theaters im Rathaus Essen in der Jaeger-Halle standen Richard Strauss (Peter Bause) und Stefan Zweig (Matthias Freihof).

Nach einem eher Langeweile verströmenden Anfang ließen die hervorragenden Akteure die Zuschauer teilhaben am Gewissenskonflikt. Und obwohl längst hinreichend bekannt ist, wie der Staatsapparat im Nazi-Deutschland funktionierte, erschütterte das schäbige Verhalten der Mächtigen und ihrer Handlanger.

Um es vorweg zu nehmen: Bis zur Pause passierte nichts Dramatisches. Da mussten Gags das Interesse der Zuschauer wach halten, die an Comedy erinnerten: So fragte Pauline Strauss (Hellena Büttner) immer und jeden, ob sich Ehemann Richard denn die Füße abgetreten habe, und zwar an allen drei Matten. Ansonsten ging es um die Bitte von Strauss, Stefan Zweig für ein Libretto zu gewinnen. Alles nicht sonderlich prickelnd.

Doch kurz vor der Pause machte sich das Bedrückende, Beklemmende breit, das den Nazi-Terror charakterisiert - die bis dahin vorherrschende Harmlosigkeit war mit einem Schlage wie weggefegt. Lotte Altmann (Marlen Ulonska), Zweigs Sekretärin und spätere Ehefrau, berichtete von Übergriffen auf sie und Beschimpfungen als "jüdische Hure". "Und der Polizist ging einfach vorbei": Dieser Satz klang nach, verriet, dass der Rechtsstaat nicht mehr bestand.

Das Publikum erlebte einen kämpferischen Strauss, einen, der Ärger riskierte mit der Aufforderung an die Staatsmacht, Zweig auf den Theaterplakaten von "Die schweigsame Frau" namentlich zu nennen. Er trat zunächst forsch auf gegenüber dem unsympathischen, glatzköpfigen Hans Hinkel, Sonderbeauftragter der Reichskulturkammer (Thomas Martin) und dem Generalintendanten des Sächsischen Staatstheaters (Wolfgang Kremer). Trotzdem sperrte er sich einer Mitarbeit nicht gänzlich, nahm kleine Staatsaufträge an. Sein Motiv: Es galt, die jüdische Schwiegertochter und die beiden Enkel zu schützen.

Strauss war euphorisch, Zweig zurückhaltend-realistisch. Aber die sich abzeichnende Männerfreundschaft hatte keine Chance zu reifen. In der Schlussszene wies ein zerknirschter Strauss auf sein Dilemma hin: "Meine Partei war die Kunst." Außerdem habe er seine Familie retten wollen. Es machte sich Nachdenklichkeit breit im Publikum, fast Sympathie.

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