Nachruf Krefelder Glaskünstler August Pigulla ist gestorben

Krefeld. An dem Mosaik aus schwarzweißen Stein- und Glasplatten sind schon Generationen von Krefeldern vorbeigekommen. Die Fassade des ehemaligen Hauptzollamtes am Jungfernweg zählt in der Stadt zu einem der schönsten Beispiele für Kunst im öffentlichen Raum.

Zwei Räume in seiner Wohnung nutzte Künstler August Pigulla als Atelier. Das Mosaik am alten Hauptzollamt am Dampfmühlenweg/ Ecke Jungfernweg ist von ihm.

Zwei Räume in seiner Wohnung nutzte Künstler August Pigulla als Atelier. Das Mosaik am alten Hauptzollamt am Dampfmühlenweg/ Ecke Jungfernweg ist von ihm.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Der Entwurf stammt von August Pigulla, der über die Grenzen Krefelds hinaus zu den bedeutendsten Glaskünstlern im Rheinland zählt und jetzt verstorben ist. Pigulla stammte aus Schlesien. Seine frühen künstlerischen Neigungen galten zunächst der Musik. Er spielte Geige und wollte Musiker werden. Doch Krieg und Militärdienst machten diese Pläne zunichte.

1945 kam er über seinen Bruder nach Krefeld. Ein Zeitungsartikel über Gustav Fünders, der an der damaligen Werkkunstschule Glas-und Mosaikgestaltung lehrte, brachte den jungen Mann auf die entscheidende Idee. „Das wollte ich auch machen“, erinnerte er sich noch Jahrzehnte später. Er bewarb sich persönlich bei Fünders, wurde sein Student und 1957 auch Meisterschüler.

Gemeinsam mit Hubert Spierling und Joachim Klos bildete Pigulla das außergewöhnliche Künstler-Trio, dass aus der berühmten Fünders-Klasse hervorging. In den 1950er- und 1960er-Jahren herrschte im Bereich der Glaskunst Aufbruchstimmung, was dem jungen Künstler sofort eine freischaffende Tätigkeit ermöglichte. Später gab er auch als Lehrer an der Fachhochschule Dortmund seine vielseitigen Kenntnisse weiter. Von Beginn seiner Laufbahn an experimentierte Pigulla mit neuen technischen Möglichkeiten. Ausgehend von der traditionellen Glaskunst versuchte er immer wieder, deren Grenzen zu überwinden.

So entstanden neben Kirchfenstern auch Glasstücke, die er ohne die trennenden Bleiruten collagenartig zusammenfügte oder zu Reliefs schichtete. In seinen Entwürfen und Zeichnungen entwickelte er feingliedrige Gewebe aus Strichen, Linienbündeln und Flecken, die sich durch eine besondere Rhythmik auszeichnen. In diesen fast musikalisch anmutenden Strukturen spiegelt sich die lebenslange Liebe des Künstlers zur Musik wider. Seit den 1960er-Jahren arbeitete Pigulla auch mit Metall. Dabei entstanden Wandreliefs und Skulpturen, aber auch liturgisches Inventar für Kirchen.

Letzteres findet man in St. Bonifatius in Moers-Asberg. Das große Altarkreuz, der Tabernakel und die Reliefs zum Kreuzweg stammen von ihm. In seinem Schaffen kommt dieser Kirche noch eine weitere Bedeutung zu. Hier entwarf er seine ersten Kirchenfenster überhaupt. Als diese durch neue ersetzt werden sollten, ergab sich für den Künstler erneut die Gelegenheit, die Entwürfe zu machen.

Als ihn die WZ vergangenen November in seiner Wohnung an der Moltkestraße besuchte, zeigte er die Entwurfkartons. Zwei Fenster waren schon verwirklicht, das dritte in Planung. Pigulla schenkte der Gemeinde seine Entwürfe. „Der Kreis schließt sich“, sagte er damals. Sein Wunsch, die Verwirklichung aller sieben Fenster zu erleben, ist nicht erfüllt worden. Am vergangenen Samstag starb er wenige Wochen vor seinem 93. Geburtstag nach kurzer Krankheit.

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