Düsseldorf Yoga - Entspannung im lauten Schulalltag

An der Grundschule am Rather Markt wird Yoga angeboten. Die Mischung aus Spiel und Ruhe kommt bei den Schülern gut an.

Düsseldorf: Yoga - Entspannung im lauten Schulalltag
Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Heute machen die Schüler einen Ausflug. Es geht auf eine Blumenwiese. Es ist warm, die Sonne scheint. Ein Schmetterling flattert ihnen um die Knöchel, kitzelt ihre Fersen. Jede Woche gehen die Dritt- und Viertklässler auf einen Spaziergang durch die Natur — egal wie kalt und laut es da draußen ist. Möglich macht es Antje Masset. Die Yoga-Lehrerin steht in der Mitte des Raums und flüstert den Kindern zu, was sie sich vorstellen sollen, während sie in Decken gehüllt auf ihren Matten liegen.

Seit fünf Jahren lehrt die 38-Jährige Yoga in Grundschulen, kombiniert Bewegungsspiele mit Atem- und Entspannungsübungen. An der Joachim-Neander-Grundschule am Rather Markt ist Yoga ein Angebot im Ganztagsbetrieb — wie Eislaufen, Kochen, Filzen, Musik, Sport oder Töpfern. Die zehn Schüler, die heute auf den Matten liegen, haben sich für Yoga eingetragen. Die meisten von ihnen freiwillig. „Ich wollte mich vor dem Unterricht entspannen“, sagt die zehnjährige Priscilla. Der Schulalltag sei laut und hektisch, die Nachmittage mit Terminen vollgestopft. „Da finde ich die Ruhe am Morgen gut.“ Bei Martha hat die Mutter etwas nachgeholfen: „Ich kann oft zu Hause nicht richtig still halten. Ich muss das üben, sagt meine Mama.“ Und bei Moussa war es die Lehrerin: „Ich wollte zum Sport gehen, aber meine Lehrerin hat gesagt, ich bin immer so wild und soll deshalb Yoga ausprobieren.“

In der Mitte des Raumes liegt eine blaue Decke, darauf stehen eine Klangschale und Kerzen. Die Kinder setzen sich bei gedimmten Licht im Kreis um die Decke. Eine Kerze wird herumgereicht. „Ich schenke dir ein Licht“, flüstert Moussa und gibt die Kerze an seine Nachbarin Martha weiter. Sie schaut Moussa in die Augen und flüstert ebenso leise „danke“. Es ist mucksmäuschenstill, die Kinder sind ganz bei sich. Von dem Fußball-Narr Moussa, der eigentlich viel lieber auf dem Platz stehen würde, ist nichts zu sehen.

Als die Schüler langsam unruhig werden, geht Antje Masset zur nächsten Übung über. Die Schüler reisen nun durch den Weltraum, strecken ihre Körper wie Halbmonde zu beiden Seiten, oder formen auf einem Knie stehend mit einem abgespreizten Bein und gestreckten Armen einen Stern. Bei einer Abwandlung des Spiels „Feuer, Wasser, Luft“ laufen die Schüler zur Musik durch den kleinen OGS-Raum und formen aufs Kommando Sterne, Mond oder Erde.

Dann die nächste An- und Entspannungsübung: Die Kinder legen sich auf den Rücken, sollen ihren Körper fest anspannen. „Stellt euch vor, ihr seid Zitronen, die ausgequetscht werden“, sagt Masset. Nach mehreren Wiederholungen bleiben die Kinder ermattet liegen. Nur Moussa scheint noch Energie für einen Durchgang zu haben, er hibbelt schon wieder herum, zupft an seiner Sitznachbarin. „Kindern fällt es schwer, zu entspannen, Spannung abzubauen“, sagt Antje Masset.

Schon die Dritt- und Viertklässler haben Probleme dabei, sich von den Alltagsgedanken frei zu machen und sich der Entspannungsübung und Massets Worten hinzugeben. „Ich kann mir das mit den Schmetterlingen und so dann gar nicht richtig vorstellen. Mir schwirren so viele andere Gedanken im Kopf herum“, sagt Maria (9). „Ich denke daran, wie es gleich im Unterricht wird. Oder ob ich mich in der Pause vielleicht streiten werde.“ Silja hat keine Probleme damit, sich ihrer Fantasie hinzugeben. „Ich stelle mir einfach vor, ich wäre an einem anderen Ort und ignoriere alle Geräusche um mich herum. Auch die Leute.“

Antje Masset ist es wichtig, dass die Kinder Spaß am Yoga haben. „Alles andere sind positive Nebeneffekte.“ Damit meint sie eine bessere Beweglichkeit, eine bewusste Atmung oder eine selbstbewusste Körperhaltung. Ihre religiöse Einstellung hält sie bewusst heraus. „Ich sehe mich als Gottes Diener, bin ein sehr religiöser Mensch“, sagt sie. Auf ihrer Stirn trägt sie deshalb auch das religiöse Zeichen ihres Glaubens, das so genannte Tilaka. „Aber das hat keinen Einfluss auf meine Arbeit mit den Kindern“, sagt sie. Dennoch gibt es vereinzelt Eltern, die skeptisch sind, ihre Kinder vom Yoga abmelden oder einige Übungen nicht mitmachen lassen. „Aber zum Glück sind das Einzelfälle.“

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