Gladbacher Borussia setzt auf Wachstum

Eine neue LED/Infrarot-Beleuchtung sorgt im Mönchengladbacher Stadion für optimale Bedingungen für den Fußballrasen.

Einleuchtende Technik: LED- und Infrarot-Leuchten sorgen im Borussia-Park das ganze Jahr für ideale Bedingungen — für den Rasen.

Einleuchtende Technik: LED- und Infrarot-Leuchten sorgen im Borussia-Park das ganze Jahr für ideale Bedingungen — für den Rasen.

Foto: Steindl

Aachen/Mönchengladbach. Georg Vievers kennt seine Problemzonen: die Strafräume. Vievers ist, so steht es auf seiner Visitenkarte, „Bereichsleiter Stadion-Greenkeeper“, bei Borussia Mönchengladbach. Früher hätte man wohl Platzwart gesagt. Aber der Begriff drückt längst nicht mehr angemessen aus, was die Pflege eines Fußballrasens bedeutet. Es ist eine Wissenschaft für sich, Technik pur — und bei der Borussia ist die noch moderner als sonst wo in der Bundesliga. Sauber gestutzt auf 27 Millimeter Höhe und saftig grün wird er am Samstag sein — auch in den Strafräumen, wenn Mönchengladbach um 18.30 Uhr zum Auftakt der Bundesliga-Rückrunde Borussia Dortmund empfängt. Eines ist vorab klar: Der Rasen ist bereit.

Dafür hat vor allem eine neue Beleuchtungsanlage gesorgt, die die Firma TSM aus Stolberg bei Aachen mit dem Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME in Aachen entwickelt hat.

Mit dem System betritt der Hersteller Neuland

Georg Tsivikis ist Inhaber der TSM GmbH, einem weltweit tätigen Maschinenbauer, der eigentlich Maschinen für Gummiprofile (an Autotüren), Vulkanisations- und Beflockungsmaschinen produziert — mit Kunden in aller Welt. In diesem Kerngeschäft hat die Firma mit ihren rund 30 Mitarbeitern laut Tsivikis einen Marktanteil von 50 Prozent und mehr. Mit dem Thema Stadionrasen betritt die 2003 in Alsdorf gegründete Firma freilich Neuland. Und das kam so: Es ist drei Jahre her, da las Tsivikis auf einem Flug nach China in einem Magazin über den FC Bayern München, der ein neues System einsetze, damit der Rasen im Stadion besser wächst. Große Maschinen mit sogenannten Metalldampflampen oder auch Natriumdampflampen beleuchteten dort das Spielfeld, denn der Rasen braucht Licht und Wärme.

Tsivikis fand das spannend und entdeckte auf den Fotos eine „gewisse Verwandtschaft“ zu den Maschinen, die seine Firma produziert. Nur: Metalldampflampen brauchen Unmengen an Energie, am Ende einer Saison können die Kosten dafür in Millionenhöhe steigen. Tsivikis dachte sich: Solche Maschinen will ich auch bauen — aber so, dass sie weniger Energie verbrauchen. Also mit LED.

Mit dieser Idee fuhr er zum Fraunhofer IME in Aachen. Ohne Termin. Er war immer mal wieder in den benachbarten RWTH-Instituten für Textiltechnik und für Kunststoffverarbeitung, ihm waren die Treibhäuser der Fraunhofer-Forscher aufgefallen. Er sagte sich: Sprich die doch mal an.

Der jetzige Projektleiter am Fraunhofer IME fand die Idee zunächst gleichermaßen seltsam wie spannend. Doch die Spannung überwog bei Stefan Rasche, und bald standen in einem Labor im Keller Gestelle, die ein lila oder pinkes Licht — je nach Empfinden des Betrachters — auf ein Stück Rasen warfen. Für die Farbe gibt es einen einfachen Grund: Es werden (fast) ausschließlich blaue und rote LEDs verwendet, denn Pflanzen verwerten, so Rasche, überwiegend blaues und rotes Licht. Die Idee, Pflanzen mit LED zu beleuchten, ist gewiss nicht neu und auch nicht aus Aachen. In den Niederlanden wird die Hälfte aller Gewächshäuser so beleuchtet — zur Anregung der Photosynthese, damit die Tomaten ganzjährig wachsen. Aber Fußballrasen? Stefan Rasche experimentierte mit der Beleuchtungsdauer, mit dem Abstand der Lampen und erforschte die Keimung. Mit den ersten, erhellenden Eindrücken war Tsivikis dann wieder unterwegs. Er sprach im April beim FC Augsburg vor, Ende Juni bei Borussia Mönchengladbach, weitere Vereine folgten, auch Real Madrid hat sich mittlerweile nach der LED/Infrarot-Anlage erkundigt. Aufgebaut wurde sie dann erst einmal im September im Borussia-Park in Mönchengladbach. Dort hatte es nach dem Heimspiel gegen Mainz im August noch viel Kritik am Zustand des Rasens gegeben. Die TSM-Anlagen haben auf die meist schwierigen Bedingungen in Fußballstadien eine Antwort gefunden: Im Sommer leuchten ausschließlich die LEDs (die kaum Wärme abstrahlen), im Winter zusätzlich Infrarotlampen. Sie sorgen für ideale Temperaturen, denn Rasen wächst tatsächlich, so Stefan Rasche, bei zehn bis zwölf Grad Celsius ziemlich gut. Gemeinsam mit der Rasenheizung im Boden ist es auch in diesen Tagen möglich, diese Temperatur zu erreichen.

Die Beleuchtung verbessert sichtbar die Rasenqualität


Fußballrasen ist nicht einfach nur Rasen. In einer Sode können drei bis fünf Sorten sein. Bei Borussia Mönchengladbach haben Greenkeeper Vievers und sein Team am 22. Dezember noch eine sogenannte Nachsaat eingefahren. Alle sieben Zentimeter schimmert der Rasen davon noch etwas heller, hier wurde nachgepflanzt.

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