NSA-Untersuchungsausschuss Flisek: "Nicht übers Ziel hinausschießen"

Geheimdienstexperte Flisek teilt BND-Kritik der Datenschutzbeauftragten nur bedingt

Geheimdienstexperte Flisek teilt BND-Kritik der Datenschutzbeauftragten nur bedingt.

Geheimdienstexperte Flisek teilt BND-Kritik der Datenschutzbeauftragten nur bedingt.

Foto: Michael Kappeler

Berlin. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Andrea Voßhoff, wirft dem Bundesnachrichtendienst (BND) in einem als geheim eingestuften Bericht systematische Rechtsverstöße bei der Erfassung personenbezogener Daten vor. Der SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Christian Flisek teilt die Kritik nur bedingt, wie er im Gespräch mit unserem Berliner Korrespondenten Stefan Vetter erklärte.

Herr Flisek, ist die Kritik von Frau Voßhoff berechtigt?

Christian Flisek: Die Kritik von Frau Voßhoff ist nicht neu. Wir haben uns im NSA-Untersuchungsausschuss über Monate intensiv mit dem Bericht befasst. Die Kritik ist die Sichtweise der Datenschutzbeauftragten, die den Auftrag des Datenschutzes naturgemäß über alles stellt. Da wird man an einigen Stellen auch deutsche Sicherheitsinteressen dagegen abwägen müssen. An anderen Stellen ist die Kritik durchaus berechtigt, was aber auch schon zu Konsequenzen geführt hat.

Warum dann diese Geheimniskrämerei um den Bericht?

Christian Flisek: Die SPD hat darauf gedrängt, den Bericht so weit wie möglich zu veröffentlichen. Dem hat sich das Bundeskanzleramt verweigert. Dass der Bericht nun durch einige Medien öffentlich geworden ist, macht mich nicht sonderlich froh. Es wäre besser gewesen, das Kanzleramt hätte hier aktiv gehandelt.

Was wirft man dem BND konkret vor?

Christian Flisek: Der BND war bislang der Ansicht, es brauche keine Rechtsbefugnis, wenn man Datenverkehre abhört, die ihren Ursprung und ihr Ziel im Ausland haben. Das hat dazu geführt, dass der BND in Kooperation mit dem US-Geheimdienst NSA in einem Graubereich agierte, der deshalb auch nicht parlamentarisch kontrolliert werden konnte. Wenn man sich vor Augen führt, dass die Überwachung der elektronischen Kommunikation mehr als die Hälfte der gesamten BND-Tätigkeit ausmacht, dann haben wir es mit einer massive Lücke zu tun, die per Gesetz geschlossen werden muss.

Wann wird das geschehen?

Christian Flisek: Die SPD hatte bereits im letzten Sommer ein Eckpunktepapier vorgelegt. Die Union hat sich lange verweigert. Mittlerweile liegt ein mit dem Kanzleramt abgestimmter Gesetzentwurf vor und ich erwarte, dass dieser bis zur Weihnachtspause verabschiedet wird.

Sind auch deutsche Staatsbürger betroffen?

Christian Flisek: Das ist das Problem. Der BND muss bei solchen Ausland-Ausland-Verkehren sicherstellen, dass er keine Daten über deutsche Bürger und deutsche Unternehmen an die NSA weiterleitet. Dazu hat er ein Filtersystem, das nach unseren Erkenntnissen aber alles andere als perfekt ist. Hier muss dringend nachgearbeitet werden.

Ein Geheimdienst, der kontrollieren soll, aber sich selbst kontrollieren lassen muss - geht das überhaupt?

Christian Flisek: Ja, das geht. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Bürger nur Vertrauen in den BND haben können, wenn er rechtlich legitimiert ist und es keinen Bereich in seiner Arbeit gibt, der nicht einer umfassenden parlamentarischen Kontrolle unterliegt.

Voßhoff will, dass der BND Teile seiner Überwachung in der Erfassungsstelle in Bad Aibling komplett einstellt. Das dürfte Terroristen freuen, oder?

Christian Flisek: Wir müssen schon aufpassen, dass die Datenschutzbeauftragte nicht übers Ziel hinausschießt. Der Bericht darf nicht dazu führen, dass in einem Anflug von Aktionismus Maßnahmen ergriffen werden, die den Anti-Terror-Kampf beeinträchtigen könnten.

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