Interview mit Stylist Oliver Schmidt Top Hair: Kein Bammel vor Veränderung

Samstag startet die Messe „Top Hair“ in Düsseldorf. Top-Stylist Oliver Schmidt spricht dort über Trends. Und auch mit uns.

Oliver Schmidt schneidet und färbt in seinen Salons die Trends.

Oliver Schmidt schneidet und färbt in seinen Salons die Trends.

Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Haariger Messetrubel in der Landeshauptstadt: Samstag und Sonntag trifft sich das deutsche Friseurhandwerk in Düsseldorf zu seiner Leitmesse „Top Hair International“. 450 Marken und Aussteller präsentieren sich rund 30 000 Fachbesuchern. Um welche Trends fürs Köpfchen es dabei gehen wird, darüber sprachen wir mit dem Düsseldorfer Top-Friseur Oliver Schmidt, der inzwischen Salons auch in Köln, Essen, Meerbusch, Mönchengladbach und Münster betreibt.

Herr Schmidt, was sind denn derzeit die Top-Trends für Damenfrisuren?

Oliver Schmidt: In den USA ist der Haarschnitt des Jahres der „Clavi-Schnitt“. Das kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Schlüsselbeinlänge. Von dort aus geht es auch Richtung Kinn zum „Long Bob“ — das sind DIE beiden Haarschnitte. Aber generell boomen richtig kurze Haare jetzt. Viele Stars wie etwa Sienna Miller haben das toll vorgemacht. Bei der Farbe sehen wir einen neuen Blond-Hype. Da muss man aber nach Zielgruppen unterscheiden: Die Jungen sind viel experimentierfreudiger mit Pastelltönen wie Flieder und Erdbeerblond. Bei den 40-Jährigen gehen eher die natürlichen Töne — Schauspielerin Jennifer Aniston ist ungeschlagenes Vorbild.

Gibt es Trends denn auch bei den traditionell schwierigeren Herren?

Schmidt: Durch die neu entstandene Barber-Mode erinnern viele Männer fast an englische Lords: ganz akkurat rasiert, klare Scheitel, langes Deckhaar. Ein richtiger Gentleman-Style. Bärte sind weiter ein Riesenthema, auch Augenbrauen und ihre Form. Aber die Männer colorieren jetzt auch gern — es gibt ja kaum mehr einen ungefärbten Fußballspieler. Das Thema ist bei den Herren angekommen.

Der sieben Jahre alte Sohn einer Kollegin kam neulich aus der Grundschule nach Hause und verkündete: „Mama, ich will jetzt einen Undercut!“ — also kurze Seiten, langes Haar oben. Werden schon die Jüngsten immer modebewusster?

Schmidt: Zu 100 Prozent! Wir sehen immer öfter schon sehr junge Jugendliche, die wie ihr Fußballidol aussehen wollen. Und die Mädels wollen das, was sie auf Instagram sehen. Es gibt eine große Affinität zu Styling. Den typischen Kinderschnitt — wir schneiden mal ein bisschen die Spitzen — gibt es eigentlich gar nicht mehr. Die unter 25-Jährigen haben keinen Bammel mehr. Sie wollen sich verändern und das auch zeigen, etwa in den Sozialen Netzwerken. Das ist Zeitgeist.

Klingt nach großem Druck für den Friseur ...

Schmidt: Für gute Friseure ist das der Haupt-Spaßfaktor.

Woher kommt der neue Mut zur Veränderung?

Schmidt: Bloggerinnen machen es im Internet vor: Man schneidet seine Haare mutig ab — mit Extensions sind sie dann im Handumdrehen wieder lang. Auch Stars tun es: Kim Kardashian oder Cameron Diaz sind mal dunkelbraun, fast schwarz, dann wieder hellblond. Die Angst davor, die Haare damit kaputtzumachen, ist viel schwächer geworden.

Zu Recht?

Schmidt: Das wäre gelogen. Die Farben sind deutlich pflegender geworden, auch die Blondierungen. Aber es ist und bleibt Chemie. Gerade, wer schon kaputtes Haar hat, muss vorsichtig sein. Da ist aber auch der Friseur mit seiner Kompetenz gefragt.

Sind die Kunden denn überhaupt noch offen für die Typberatung des Friseurs oder kommen sie schon mit einem Foto von der Frisur, die sie wollen?

Schmidt: Viele haben sogar zig Bilder auf dem Handy. Aber passt das dann wirklich zum eigenen Typ? Da muss der Friseur ran. Vor einigen Tagen kam eine Kundin mit langen Haaren zu mir und wollte einen Kurzhaarschnitt — ein Traum für den Friseur. Aber ich habe sie dann mal hingestellt und gesehen: Sie hatte viel zu breite Schultern für einen kurzen Nackenschnitt. Wir haben uns letztlich für eine Bob-Variante mit viel Volumen und Bewegung entschieden. Friseur ist schon ein anspruchsvoller Beruf, das muss ich mal sagen. Man muss Trends, Typ und den Zustand des Haares einschätzen können. Aber eben auch den Menschen.

Früher hieß es immer: Erzähl’s deinem Friseur. Ist die menschliche Komponente noch so wichtig?

Schmidt: Wir sind nach wie vor ein wichtiger Gesprächspartner. Und müssen es auch sein. Wir berühren Menschen, verändern sie. Das braucht Vertrauen. Die Leute sprechen immer ehrlicher darüber, wie sie aussehen und wirken wollen, und auch über eigene Schwächen.

Gibt es bei Frisuren eigentlich auch Evergreens, die immer gehen? Sozusagen das kleine Schwarze für den Kopf?

Schmidt: Ja, es gibt Klassiker, die jedes Jahr dabei sind, wenn auch mit neuen Varianten. Einer ist der Bob. Keine Ahnung, wie viele verschiedene Bobs ich über die Jahre geschnitten habe. Es ist einfach eine Frisur, die unglaublich vielen Menschen gut steht. Locken genauso. Sie bedeuten Schwung und Volumen. Das steht vielen Frauen besser als glatt. Ein neuer Hit wird garantiert das Conturing, bei dem das Haar rund um die Gesichtskontur vorne heller gefärbt wird. Man sieht dabei sofort erholter aus. Es gibt keinen Farbtrend, der schöner und jünger macht.

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